Freitag, 20. November 2009
DuC Wuhan
Habe ich mich eigentlich bei irgendjemandem beklagt, dass ich in Wuhan durchgehend geschuftet hätte? In Wirklichkeit bin ich jetzt ein Ass der offiziellen Kader-Trinkspiele ...


Foto von Zhang Zefeng (张泽锋)

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Donnerstag, 1. Oktober 2009
Der 1. Oktober 2009, 60 Jahre VR China
Heute ist es also soweit, der Tag, auf den viele Mittelschüler hin trainiert haben, auf den die diesjährigen Bauphasen hinausliefen (die Linie 4 soll seit zwei Tagen eröffnet sein), an dem möglichst wenige Störenfriede die nationale Harmonie stören sollten.

Auf allen CCTV-Kanälen läuft dasselbe Bild mit derselben Tonspur, auf Beijing und Tianjin TV das Ganze noch einmal aus einer anderen Kamera:

Zu Beginn der Parade fahren zwei Limousinen aus entgegengesetzter Richtung auf der Chang’an jie vor – aus einer blickt vor vier Mikrofonen platziert die Büste Hu Jintaos, aus der anderen die Fang Fenghuis, laut Sina handelt es sich bei ihm um den „Beijing Military Zone commander and military parade commander“, hier ein Bild derselben Seite:



Zunächst geht es an den Panzern, Soldaten und etlichen anderen militärischen Aufstellungen vorbei. Neben all der bunten Farbe aus der Vogelperspektive auf dem Tian’anmen, herrschen auf diesen Bildern Grün, Schwarz und Blau vor. In der Mitte angekommen spricht Herr Kommandeur Fang einen kurzen Salut gen Hu, der wendet sich mit einem „Die VR lebe 10.000 Jahre“ an das an die Bildschirme verbannte Volk und an die salutierenden Soldaten – im Fernsehen hört man letztere antworten, unten auf der Straße oder von den Nachbarn ist nichts zu vernehmen, eigentlich ist hier fast alles leer, denn die meisten sitzen vor den Bildschirmen. Applaus dann von den Tribünen und das Militär beginnt zu paradieren. Zunächst zu Fuß, in der Nahaufnahme imposant – von Soldatinnen mit kurzen Röcken und hohen Stiefeln (die auch tagesschau.de gefallen haben), Soldaten mit Gewehren im kulturrevolutionären Anschlag (ernsthaft, eine Pose), blockweise marschieren die einzelnen, vielleicht 20 verschiedenen Einheiten von Ost nach West. Ist der Zoom jedoch herausgenommen, wirken diese Blöcke eher winzig, nur ein kleines Kästchen bildend, umgeben von all dem Bunt um sie herum. Dann wird aber wieder aufgefahren, die Panzer rollen in endloser Zahl und Funktion, den militärischen Abschluss bilden, wenn ich aus meinem Fenster blickend recht gezählt habe, 8x9, aber wahrscheinlich eher 9x9 Hubschrauber und darauf 5 Düsenjets mit blau-gelb-rot-gelb-blauen Farbtrassen.

Die Machtdemonstration ist beendet, die Spielereien mögen beginnen. Es folgt ein thematischer Karneval mit all den modernen Errungenschaften und Vielfältigkeiten Chinas, mit geschmückten Themenwagen, die große Plasmaschirme und etliche Promis transportieren, umgeben von lebenden, sich verändernden Massenbildern: Autos, Züge und Raumschiffe; alle Minderheiten vereint auf einem und dann für jede Provinz einen eigenen Wagen – besonders demonstrativ erwähnt werden neben Tibet und Xinjiang Taiwan und HK; Sporthuldigungen, Olympiabekundungen; Revolutions- und Revolutionsführerwagen, allerdings aus der nahen Vergangenheit mit Deng Xiaoping als Ältestem; auch ein paar Ausländer dürfen sich in einen eigenen Wagen setzen und dabei sein. Dies sind die Hauptthemen, es folgen hiervon viele kleine und große Wagen.

So ziehen sie auf der Chang’an jie von Ost nach West entlang, nördlich vor ihnen auf der Balustrade über dem Mao-Portrait am Tian’anmen blickt die teilweise nicht sonderlich mediengeschulte Herrschaft des Landes zu (gerade bohrt sich einer in der Nase, dann blickt einer auf die Uhr, ein anderer gähnt), die meisten halten sich aber gut, weshalb einzelne vielleicht besonders auffallen. Zu sehen sind die stattlichen älteren Herren, die das Volk sonst nur aus der Kongresshalle kennt. Auf der großen Freifläche des Platzes südlich der Parade verläuft ein riesiges menschliches Massenbild nördlich von der Chang’an jie bis zum südlichen Volkshelden-Denkmal und westlich von der Großen Halle des Volkes bis zum östlichen Revolutionsmuseum, das sich thematisch verändert.

Nach der freudigen Paradiererei strömen alle in die Verbotene Stadt. Ehrlich gesagt hatte ich von Zhang Yimos Performance mehr erwartet. Natürlich wurde alles gegeben, Tauben frei und Luftballons fliegen gelassen, militärische Zeichen gesetzt, politisch korrekt die Minderheiten beteiligt und politisch demonstrativ die Grenzen betont. Aber das Ganze wirkte, abgesehen davon, dass es langweilig war – zwar viel und viele bunte Farben, aber noch nichts nie Gesehenes –, es wirkte vor allem nur grob zusammenhängend und teilweise sogar unstrukturiert. Aber gut, es war eine politische Machtdemonstration, die ich mir jedoch nicht ganz so plump plakativ vorgestellt hätte. Außerdem hatte ich eigentlich mit einer ins Detail perfekt gedrillten Veranstaltung gerechnet und da schien der Apparat doch nicht alle komplett im Griff zu haben – wenigstens ein Lichtblick.

Auf BTV läuft nach einem kurzen Zusammenschnitt der Highlights der Promenade ... das Neuste von irgendeiner Handymesse – ich muss gleich mal sehen, ob ich mehr über das neue EQ2 herausfinde.

Während ich dies abtippe und schreibe, beginnt und endet unten auf der Straße ein kleiner Tumult zwischen einem Taxifahrer, einem Motorradfahrer und einem Polizisten. Als das Taxi schon längst weggefahren ist und das Motorrad ebenfalls angerollt wird, herrscht der Polizist immer noch in lauter Stimme um sich herum. Die Devise, heute Ruhe auf den Straßen zu wahren, versucht er mit aller Aufregung einzuhalten.

Der Tag steht in seiner Blüte – nachdem das Wetter für heute nach den vergangenen anhaltenden diesigen Tagen blau bemalt ist, zieht es mich nach draußen ... heute Abend folgt das Feuerwerk.

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Dienstag, 1. September 2009
Huang Ying singt Cui Jian
Siehe: Danwei - leider kann ich das vor kurzem aufgetauchte Cui-Jian-Set von 1989 nicht öffnen, vielleicht habt ihr mehr Glück: Songtaste.

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Sonntag, 2. August 2009
Sie lebe 10.000 Jahre ...
Wir waren am gestrigen Samstagabend des ersten Augustwochenendes, nachdem wir gegen drei aus dem Restaurant gingen, noch auf der Suche nach einer Bar – eigentlich nichts Ungewöhnliches, auch wenn ich eher selten etwas Trinken gehe. Wir liefen und fuhren von einer Bar zur nächsten, die zu unserer Verwunderung bereits alle geschlossen hatten – bis wir endlich von einem jungen Taxifahrer, dessen Sitz beinahe in Liegeposition eingestellt war, während seine Augen und mit ihm sein ganzer Körper durchgehend aufgeregt Unfälle, kurze Röcke und sonstiges Geschehen suchten, bis wir von ihm schließlich erfuhren, dass jetzt (auf Nachfrage, ja, wegen des kommenden 1. Oktobers und damit näher rückenden 60. Jubiläum der VR) die eigentlich alte Klausel der Sperrstunde um halb drei eingehalten werden müsse. Bislang soll sie bei Bars angewandt worden sein, deren Gäste und Besitzer sich daneben benommen hatten und vielleicht auch bei willkürlichem Nichtgefallen – bis dato konnte kurzerhand die Polizei vor der Tür stehen und die 2:30-Auflage trat in Kraft. Wie es nun einmal hier so gehen kann, wird sich existierender Gesetze zu bestimmten Anlässen wieder erinnert und der Vollzug erfolgt kurzerhand – es ist praktisch alles gesetzlich geregelt, meist gilt nur die Auslegung, und wenn Großereignisse (letztes Jahr die Olympischen Spiele, dieses Jahr 10-1, nächstes die Expo) anstehen, dann muss nur auf bestehende Gesetze zurückgegriffen werden. Die Clubs jedenfalls hatten noch offen, sind wohl ein anderes Metier, und es wummerte im ewig gleichen Beat aus all den Prollschuppen heraus. Die Sperrstunde passt zur momentanen Gereiztheit, Hypersensibilisierung und Obacht-Stellung der Regierung, die besonders seit dem Zornesausbruch der Uiguren Ende Juni nervöser denn je wirkt (besonders prägnant beim Surfen zu spüren, ohne Proxy Server oder VPN läuft momentan wenig, schon gar kein Zugriff auf YouTube, Facebook, Twitter usw.) Die, so scheint es gerade, liberalen Zeiten der letzten Jahre sind wohl erst einmal wieder vorbei ...

Nebenbei, so erzählte mir eine freiberuflich arbeitende Pekinger Lehrerin für Grundschüler, die momentan allerhand zu tun hat, weil Mitte September wieder wichtige Prüfungen für die Kleinen anstehen, nebenbei und zusätzlich zum prall gefüllten Sommerferien-Stundenplan, müssen viele ihrer Schützlinge gerade für die große Parade zum 1.10. auf dem Tian’anmen trainieren.

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Dienstag, 7. Juli 2009
Unruhen in Urumqi
Nach der Erschlagung zweier Uiguren in Shaoguan, Guangdong, kam es seit Sonntag, 5.7., zu anhaltenden, heftigen Demonstrationen und Unruhen in Urumqi. Siehe: Bloomberg von John Liu, Süddeutsche von Henrik Bork, wohingegen China Daily zu Gewaltfreiheit aufruft und Xinhua Rebiya Kadeer als Separatistin anklagt.

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Dienstag, 30. Juni 2009
Kulturfest in der Guozijian
Während ich in Shenyang war, fand vor meiner Haustür das erste Guozijian Kulturfest zu Ehren der ehemaligen Kaiserlichen Akademie statt. Die Straße vor dem Konfuziustempel gegenüber dem Lamatempel soll zu einem repräsentativen Ort für chinesische Geschichte und Kultur in Beijing gepuscht werden, siehe etwa Xinhua.

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Freitag, 26. Juni 2009
Offizielle Anklage gegen Liu Xiaobo
Hier nur schnell ein paar Links zum Thema: FAZ, von Till Fähnders; Spiegel Online, von Andreas Lorenz; NN, von Andreas Landwehr; DW-World, der Link ist hier gesperrt; und auch der China Observer ist, wie immer, gesperrt.

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Mittwoch, 3. Juni 2009
Solidaritätsaufruf!
Zum morgigen Gedenken an das Massaker auf dem Tian'anmen vor 20 Jahren sind alle, die sich nicht in die Zivilklauen auf dem Himmlischen Platz begeben wollen oder, wie ich aus Visagründen, können, dazu aufgerufen, ihre Solidarität durch komplett weiße Kleidung zu bekunden. Weltweit! Also, springt in eure blütenweißen Outfits und lasst euch auf den Straßen sehen!

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Mittwoch, 13. Mai 2009
Schweinegrippe 豬流感
Ein wenig Panik schwappt hier schon durch die Reihen. Jetzt ist bereits der 2. Fall in China aufgetaucht - unter der Hervorhebung, dass die Infektion von einem Studenten aus Kanada und einem aus den USA eingeschleppt wurde. In Peking halten sich die beiden Gefahrenherde aber scheinbar nicht mehr auf, sondern sind in Sichuan unter Quarantäne (CCTV). Eingeflogen und später festgestellt, bedeutet das eine Möglichkeit wilden Ausbrechens durch zwei mal 150 weitere Passagiere - 90 des ersten Falls sollen ausfindig gemacht worden sein, beim zweiten habe ich noch keine Angaben gefunden.

Seit SARS 2003 ist man hier doch recht sensibilisiert. Die Schweinegrippe ist sicherlich keine ungefährliche Angelegenheit und es wird immerhin darüber (auch natürlich, weil es aus dem Ausland kommt, dennoch, es ist schließlich eingedrungen) relativ offen berichtet. Bald ist der 4. Juni, 20. Gedenktag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens, noch ein wichtiger Jahrestag dieses Jahr, - wobei man davon ausgehen kann, dass kaum, wenn überhaupt etwas in den Medien mitzubekommen sein wird. Na dann, wie momentan in aller Munde: Gebt gut Acht auf Hygiene und Gesundheit 卫生小心健康啊!

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Dienstag, 12. Mai 2009
Erdbeben vor einem Jahr
Heute um 14:28 Uhr brach vor einem Jahr das Erdbeben in Sichuan aus. Heute ist damit einjähriger Gedenktag. Ich habe meine Arbeit unterbrochen und eine Schweigeminute eingelegt. Unten auf der Straße, unterhalb meines Fensters, ging das Leben seinen gewohnten Gang, nicht ein Auto hielt an, nicht ein Mensch blieb stehen, nicht eine von mir in reichlicher Zahl erwartete chinesische Fahne war zu sehen - das Beben hatte letztes Jahr eine enorme Welle an Solidarität ausgelöst und ich sah den Nationalgedanken schon wieder bedenkliche Richtungen annehmend. Nichts in diesem Jahr? Vielleicht sieht es in Firmenkomplexen anders aus, der Blick aus meinem Fenster wirkte auf mich verstörend desinteressiert.

Hier Zeilen von mir, die ich letztes Jahr zwei Tage nach dem Ereignis geschrieben habe:

"Es war heftig am Montag, den 12. Mai, gegen halb drei nachmittags, selbst wenn ich persönlich nur die Ausläufer in Peking miterlebt habe. Doch auch hier soll der Wert der Richterskala auf die Vier zugegangen sein. Es war mein erstes Erdbeben und ich bin auf kein weiteres erpicht. Im 25. Stock in einem Geschäftsgebäude am 3. Ring, wurde mir, und eben das hörte ich später aus aller Munde, auf einmal schwindelig. Die erste, wahrgenommene Schwingung, die dann ohne Unterhalt etwa zwei Minuten anhielt, bis wir über die Treppen im 5., 6. Stock angekommen waren - entweder waren wir zu nah am Boden und sie deshalb nicht mehr zu spüren oder die Wellen waren verebbt. Die Schwingung kann ich am ehesten mit dem Erfühlen einer Tonfrequenz beschreiben, die vereinnahmend ins menschliche Innere dringt. Das Ganze geschieht so schnell, dass man zunächst nicht weiß, wie einem geschieht, weil man schon mittendrin ist.

Jetzt heißt es in deutschen, (auch ich schere über einen Kamm und vermute) in westlichen Medien, die Bilder aus der Erdbebenregion seien für China erstaunlich offen, was immer wieder lobend erwähnt wird. Einerseits kann ich die ganzen Leichenbilder hier schon nicht mehr sehen. Da geht die Offenheit meiner Meinung nach zu weit. Andererseits werden Länder in harten Zeiten von außen wohl weniger hart in den Würgegriff genommen, teils auch aus Schuldgefühlen wegen vorheriger Fehleinschätzungen oder ebenso fataler Verallgemeinerungen - auf jeden Fall scheint die Balance im Meinungsbild über China durch das Beben wieder hergestellt, sowohl aus chinesischer als auch aus westlicher Sicht. Immer nur durch Schläge in den Nacken möglich - auf einer anderen Ebene, aber ähnlich vernichtend wie dieses Erdbeben."

Lange gehalten hat das Ganze nicht, wenn man die Entwicklungen während der olympischen Spiele sieht - natürlich war China nicht ganz unschuldig daran, gegönnt wurde es ihm jedoch nicht. Allerdings ist auch der "eine Traum der ganzen Welt" (One World, One Dream) wieder vorbei, jetzt stöhnt die Bevölkerung wegen der bevorstehenden 60.-Jahrfeier und ihren Regulierungsmaßnahmen - und scheint kaum Zeit zu finden, sich mit Katastrophen auseinanderzusetzen.

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