Sonntag, 2. August 2009
Sie lebe 10.000 Jahre ...
Wir waren am gestrigen Samstagabend des ersten Augustwochenendes, nachdem wir gegen drei aus dem Restaurant gingen, noch auf der Suche nach einer Bar – eigentlich nichts Ungewöhnliches, auch wenn ich eher selten etwas Trinken gehe. Wir liefen und fuhren von einer Bar zur nächsten, die zu unserer Verwunderung bereits alle geschlossen hatten – bis wir endlich von einem jungen Taxifahrer, dessen Sitz beinahe in Liegeposition eingestellt war, während seine Augen und mit ihm sein ganzer Körper durchgehend aufgeregt Unfälle, kurze Röcke und sonstiges Geschehen suchten, bis wir von ihm schließlich erfuhren, dass jetzt (auf Nachfrage, ja, wegen des kommenden 1. Oktobers und damit näher rückenden 60. Jubiläum der VR) die eigentlich alte Klausel der Sperrstunde um halb drei eingehalten werden müsse. Bislang soll sie bei Bars angewandt worden sein, deren Gäste und Besitzer sich daneben benommen hatten und vielleicht auch bei willkürlichem Nichtgefallen – bis dato konnte kurzerhand die Polizei vor der Tür stehen und die 2:30-Auflage trat in Kraft. Wie es nun einmal hier so gehen kann, wird sich existierender Gesetze zu bestimmten Anlässen wieder erinnert und der Vollzug erfolgt kurzerhand – es ist praktisch alles gesetzlich geregelt, meist gilt nur die Auslegung, und wenn Großereignisse (letztes Jahr die Olympischen Spiele, dieses Jahr 10-1, nächstes die Expo) anstehen, dann muss nur auf bestehende Gesetze zurückgegriffen werden. Die Clubs jedenfalls hatten noch offen, sind wohl ein anderes Metier, und es wummerte im ewig gleichen Beat aus all den Prollschuppen heraus. Die Sperrstunde passt zur momentanen Gereiztheit, Hypersensibilisierung und Obacht-Stellung der Regierung, die besonders seit dem Zornesausbruch der Uiguren Ende Juni nervöser denn je wirkt (besonders prägnant beim Surfen zu spüren, ohne Proxy Server oder VPN läuft momentan wenig, schon gar kein Zugriff auf YouTube, Facebook, Twitter usw.) Die, so scheint es gerade, liberalen Zeiten der letzten Jahre sind wohl erst einmal wieder vorbei ...

Nebenbei, so erzählte mir eine freiberuflich arbeitende Pekinger Lehrerin für Grundschüler, die momentan allerhand zu tun hat, weil Mitte September wieder wichtige Prüfungen für die Kleinen anstehen, nebenbei und zusätzlich zum prall gefüllten Sommerferien-Stundenplan, müssen viele ihrer Schützlinge gerade für die große Parade zum 1.10. auf dem Tian’anmen trainieren.

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