Montag, 9. Juli 2012
Sommerreise: Stuttgart, Ludwigsburg


Das Naturfilmfestival NaturVision in Ludwigsburg bei Stuttgart und die Einladung, dort unseren "Forstwärts"-Film im Zuge eines Workshops zu präsentieren, waren die ausschlaggebenden Gründe zur Planung meiner Sommerreise. Nun sitze ich nach 4 Tagen rauschenden Festes wieder auf Beates und Patricks Balkon im Nachdelirium all der Eindrücke.

Am Samstag, den 7.7.2012, durften Julia und ich unseren Film also das erste Mal bei einem Filmfestival vorstellen. Es war auch das erste Mal, dass wir beide ihn gemeinsam auf einer großen Leinwand ausgestrahlt sahen. Für uns schon ein sehr bewegender Augenblick … und während des Schreibens drückt gerade wieder einen Kloß gegen die Augäpfel. Unser herzlicher Dank gilt den beiden Festivalleitern Ralph Thoms und Dr. Kay Hoffmann und besonders auch dem Publikum, das den Weg zu uns an einem frühen Samstagmorgen um 10:30 Uhr nicht gescheut hat.


Moderator Dr. Kay Hoffmann (in Grün) und Ehrengast Martin Brandes, unserem "Krawattenmann" im Film. Foto von Johannes Keil.

Mit der Veröffentlichung von "Forstwärts" im Internet haben wir gewartet, damit der Film seine Premiere bei NaturVision feiern konnte. Nun möchten wir ihn offiziell online stellen, tadaaa:


Die Ladezeit des cn. YouTubes "YouKu" dauert von Dland aus etwas länger, aber ermöglicht auch die Betrachtung in China. Weitere Informationen als Extralink, gerne auch zum Verschicken und Verbreiten, gibt es hier.

Weiteres zu NaturVision. 3 Filme, die ich im Laufe der Festtage gesehen habe, möchte ich kurz erwähnen. 2 davon liefen auf der Eröffnungsfeier.

Zunächst der dokumentarische Kurzfilm Kursdorf von Michael Schwarz (Regie) und Alexander Greisser (Kamera), der mir besonders wegen seiner Ästhetik und seinen ruhigen Bildern, seiner stillen und unaufdringlichen Erzählweise sehr gut gefallen hat. Kursdorf ist ein mittlerweile auf 25 Einwohner geschrumpftes und vom Flughafen Leipzig/ Halle komplett eingeschlossenes Dorf, das mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nur noch in den Analen Sachsens zu finden sein wird.

Der zweite Film, den ich spannend fand, war die erste 3D-Produktion fürs ZDF, Die Huberbuam von Jens Monat. Für 3D-Aufnahmen werden zwei Kameras horizontal oder vertikal dem menschlichen Augenabstand von etwa 6 cm entsprechend nebeneinander platziert. Die Filmemacher nahmen sich dafür der beeindruckenden Berglandschaft und dem Hoheitsgebiet zweier Kletterer, den Huberbuam, an. Im Anschluss an den Film wurde erklärt, dass unser Auge nicht in der Lage ist, Berge in weiten Fernen in 3D wahrzunehmen, da sich die 6 cm in der Weite alsbald ausgleichen. Um nun dem Zuschauer eine neue Tiefendimension zu ermöglichen, wurden die beiden Kameras teilweise bis zu 30 m voneinander entfernt platziert. Diese Information und die daraus resultierenden Bilder, die Blicke durch Felsspalten, in Abhänge, über Gebirgsketten machten den Film für mich zu einem außerordentlichen Erlebnis. Die Theatralik der Erzählung mit ihrer Gewichtung auf die überstandene Krankheit des einen Klettermaxen haben mir nicht gefallen, aber es ist halt eine Fernsehproduktion.

Und dann war da der Film Die Farben der Wüste – Die weiße Uyuni von Petra Haffter (Regie) und Philip Flämig (Kamera). Die Kamera hat in Bolivien Bilder eingefangen, in denen der Horizont häufig kaum zu sehen ist, sondern als Marker des Spiegels fungiert – ruhig und schön, das mag ich, und ich mag auch, dass es beim Publikum ankommt. Als ich bei der Preisverleihung, dazu engagiert, das Siegerfoto für den Kamerapreis schoss, blickte Philip Flämig in meine Linse und sagte, dass Die weiße Uyuni ebenfalls mit einer 5DII gedreht wurde. Ha.


Am Freitagabend dann wurde zum Get Together in das Lustschloss Favorite geladen.


Ganz Ludwigsburg – auf dem Weg nach Heilbronn im Norden Stuttgarts, entstanden vor gut 300 Jahren durch selbstdarstellende Gelüste Eberhard Ludwigs – ist mit all seinen Schloss- und Parkanlagen eine barockene Augenweide, wie sie im Buche steht. Erblickte man nur dies, so würde man, ich zumindest, ev. bald von lauter historischer Pompösität erschlagen den Rücktritt beginnen. Glücklicherweise lebt die Stadt nicht nur in der Vergangenheit, sondern hat eine imposante Filmakademie aufzuweisen.

Auf der Empore des Lustschlosses gen Süden gerichtet, ist dies, so wurde mir erzählt, die Vermessungslinie von ganz Baden-Württemberg. Auch heute noch wird sie als Maßstab für jegliche Grundstücksgrenze zurate gezogen. Der weiße Opel Meriva meiner Mutti und Julias NaturVisions-Gefährt durften beladen für die Veranstaltung hin- und herfahrend auf dem Gelände auf dieser Achse stehen.


Und hier ein paar Bilder der Veranstaltung, die ich als für den Abend angeheuerte Fotografin vor die Linse bekam. Pressemaster Johannes Keil, Festivalleiter Dr. Kay Hoffmann und eine der Moderatorinnen.


Sabine Willmann, Liu Xia und Julia Odenstein.


Mitfotograf Matthias Balk.


Eva Simminger.


Das Dammwild lief im Park frei herum …


… bereits gewöhnt an bis verwöhnt von den Besuchern, hier von Julias Mutti, die das Recycling der Veranstaltungsverköstigung weiterführte (kredenzt wurde eine köstliche Suppe mit zuvor bereits von der Ludwigsburger Gastronomie als Müll aussortiertem Gemüse, Julias Idee):


Das Festival war toll, die Filme, die Leute dort, das Ambiente, all die ganzen Eindrücke – es war mir eine große Ehre, dabei gewesen sein zu dürfen.

Und Stuttgart? Stuttgart ist irgendwie merkwürdig. Ich mag es hier weiterhin, eher auf Besuch, vermute ich, denn es wirkt durch seine Lage im Tal und dadurch, dass man so häufig zunächst in die Mitte muss, um dann aus ihr wieder hinaus zu seinem Bestimmungsorte zu gelangen, doch etwas zentralistisch. Außerdem kann ich mir nicht helfen, aber die Menschen hier wirken auf mich ziemlich gemächlich – es wird sich in beinahe jedem Geschäft gefühlt stundenlang ausführlich um jeden Kunden ausschließlich einzeln bemüht, während die Schlange weiter wächst und Multitasking ein Fremdwort bleibt, wie kann man es so nur zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsstandorte Deutschlands schaffen? Aus dem Norden und sich verstärkend im Nordosten Chinas kenne ich lange Wartezeiten zur Genüge – auch wenn sich diese Art von Langsamkeit eher aus der Einstellung speist, dass das Leben ach so schwer und damit jegliche Handlange mühsam ist –, bin ich es nur von Dland nicht (mehr?) gewohnt, beginnt meine Reise und mein längerer Aufenthalt in der Heimat in Richtung Perspektivrückung Sinn zu machen?

Bis morgen bin ich noch hier, am Mittwoch geht es dann – oh, wie ich mich freue – mit Kaijin nach PARIS.

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