Willkommen 欢迎
Willkommen auf meinem Blog, der Vernetzung von „Kulturgut 文化财富“ mit dem täglichen Leben, einer Ergänzung zu meiner Website. Hier finden Sie regelmäßig meine Sicht des Lebens in Beijing und China, in Hamburg und Deutschland – rein subjektiv und selektiv. Ich schreibe meist auf Deutsch, setze aber auf die internationale Sprache der Bilder, weshalb auch die Tags zweisprachig sind.Viel Spaß wünscht Stefanie Thiedig.
欢迎访问我的博客,它不仅是"Kulturgut 文化财富"与日常生活的网络展现,同时也是对我个人主页的补充。在这里我会定期地以纯粹主观并带有选择性地的视角来观察北京和中国。大部分的时候我是用德语来撰写文字,但同时对图片也加注国际语言已达到标签双语效果。
由甲祝您好!
... newer stories
Sonntag, 30. August 2015
Putzig
youjia, 10:03h
Vergangenes Wochenende tauchte es das erste Mal in meinem Gesichtsfeld auf, Kaijin und ich trafen uns auf eine Nudel in der Guloudong. Zu Kippchen und dem Rest Bier setzten wir uns raus auf die Stufen, in Beijing gilt jetzt vielerorts Rauchverbot. Dort sahen wir erst eines, wippend auf einem Kopf, Wahrnehmung braucht vermutlich Zeit, auf einmal wippte es auf jedem zweiten, verwundert stießen wir uns an, da noch eins und da, nicht nur auf Kinderköpfen und auf Köpfen sich verniedlichender junger Frauen, Mädels und Jungs, Männer und Frauen, groß und klein, scheinbar machen nur alte Männer nicht mit, vielleicht liegt das aber am spärlichen Haarwuchs. Noch zu sehen sind Chilischoten, Blumen natürlich, auch Äpfel, Pilze, Würmer gar, am Straßenrand 2 Stück für 5 Kuai feilgeboten. Wäre nur nicht alles aus Plastik. Wer kommt bloß auf solche Ideen? Himmelwärts gerichtet – kleiner Sender, Naturbedürfnis, …?
Für die Titelgebung geht mein Dank an JV.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Beijing 北京, Gegenwart 当代, Unterwegs 路上
... link (0 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 20. August 2015
Please vote for me
youjia, 13:52h
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 6. Juli 2015
Heiqiao letzte Woche 上周黑桥
youjia, 17:41h
Lazar Lyutakov
Misha Stroj
刘晓辉 Liu Xiaohui
孙亚飞 Sun Yafei
Ein Schulzentrum soll hier entstehen. Kann man nichts gegen sagen. Und wird bestimmt in zwei Monaten eröffnet.
Siehe im Zuge dieses Beitrags auch 关于这个话题也看: Heiqiao Offspace: 2 dimensions only
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Beijing 北京, Fotografie 摄影, Gegenwart 当代, Ausstellung 展览
... link (0 Kommentare) ... comment
Dienstag, 30. Juni 2015
Heiqiao Offspace this Sunday: 2 dimensions only
youjia, 15:12h
“Next opening at 新展览在黑桥OFF空间 BLACKBRIDGE OFFSPACE.
Opening 开幕时间:七月5-July-2015, 17:00
The generosity in joyful limitations: 2 dimensions only
“在欢乐的局限性中的慷慨:只有两维”
Curated by 策展:Anna Hofbauer / 刘晓辉 Liu Xiaohui
Participating artists 参展艺术家:胡庆雁 Hu Qingyan, Kris Lemsalu, 刘晓辉 Liu Xiaohui, Lazar Lyutakov, Anne Speier, Misha Stroj, 孙亚飞 Sun Yafei, 王光乐 Wang Guangle
Units of Measuring 'Amount'
The weight of an elephant is a world apart from that of an ant, but the amount and frequency of the ant's steps is also a world apart of those of the elephant. Here notions of 'amount' are like those of 'labor', measured in the density within units of surface, or in even more abstract definitions. Besides the obvious measurements of weight and dimension, what comes to mind is the amount of thought, the amount of accumulated time, ballsiness, and intensity. Weightier than Mount Tai, as light as a feather – all metaphors for amounts, carrying along value orientations. The methods of measuring 'amounts' are in the concept, in the eye of the beholder.
刘晓辉 Liu Xiaohui
“量”的计算单位
一 只大象的重量和一只蚂蚁是相差悬殊的,但是蚂蚁的爬行步数和频率与大象也是相差悬殊的。这里关于“量”的概念,类似于“工”,单位面积里面的密度,乃至更 加抽象的定义。除了泛泛所指的重量,体量,还有思考的“量”,时间积累的“量”,胆量,密度等等更多延展出去的想象。重于泰山,轻如鸿毛都是一些关于“量”的比喻,它们跟价值取向有关。“量”的计算方式,是在理解概念里的仁者见仁,智者见智。
刘晓辉 Liu Xiaohui”
By Anna Hofbauer and Bianca Regl.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ankündigung 通知, Gegenwart 当代, Künstler 艺术家, Malerei 绘画
... link (0 Kommentare) ... comment
Dienstag, 9. Juni 2015
Künstlerporträt: Zhu Xianwei 朱贤巍
youjia, 21:21h
Formal und sowohl inhaltlich als auch symbolisch wirkt Zhu Xianwei in seiner Malerei im Jetzt verankert, mit stark romantischen Tendenzen und allzeit menschlichen Fragestellungen. Doch genauso gut könnte er in jede andere Epoche passen, er scheint mir sehr assimilierbar, sich in seinem eigenen Dunstkreis des Denkens und Empfindens überall zurechtfinden zu können. Dann wiederum kann man ihn sich in der europäischen Romantik und in der Tang-Dynastie vorstellen; selbst sieht er sich in der Minguo-Zeit, im beginnenden 20. Jahrhundert, gut platziert – ob dies aus Gründen eines allgemeinen semi-intellektuellen Trends, sei einmal dahingestellt, es fügt sich definitiv in unsere Zeit des Umbruchs und der Möglichkeit zum selbstgestalteten Umbruch, in die der Rückbesinnung und des Hinterfragens alter, großer Themen.
Zhu Xianwei, geboren 1971 in Qingdao, studierte an den Kunstakademien von Hangzhou und Stuttgart. Seit 2008 lebt er als freier Maler in Stuttgart und Beijing. Er hat sowohl die handwerkliche Schule Chinas durchlaufen als auch die, zumindest im Gegensatz zur chinesischen, individualistische Deutschlands. Analytisches Denken hat ihn dabei allerdings nicht verkorkst, denn im Gespräch mit ihm folgt er in seinen Gedankengängen teilweise rabiat dem Fluss der eigenen Gehirnsynapsen. Es geht ihm um Themen wie Fremde und Zugehörigkeit, Sehnsucht und Einsamkeit, durchdrungen von einer gelegentlich klischeeartigen Shandong-Machohaftigkeit mit merkwürdig traditionalistischem Männlichkeitsverständnis. Wenn er einen ihm wichtigen Gedanken fasst, ist dieser häufig poetisch im Ausdruck und dahinter verbergen sich dann gerne idealistische Vorstellungen – zur Leere und zum Nebel, zur Natur und Erhabenheit, beinahe hört man dabei den Wind auf dem Berggipfel mit vorüberziehen.
Sein leiser, subtiler Humor ist sehr einnehmend. Gerne auch unterschwellig gewitzt, häufig frotzelt er vor sich hin und lacht sich dann eins ins Fäustchen. Es geht eine Leichtigkeit und Gelassenheit von ihm aus, wobei er sich manchmal auch in Rage redet, dass man das Gefühl hat, er sei zur Revolution bereit. Doch fokussiert er diese auf seine Malerei. So orientierungslos er im örtlichen Zurechtfinden wirkt, so desinteressiert gibt er sich auch gegenüber materiellen weltlichen Fragestellungen, Aggressionen in Bezug auf deutsche Gründlichkeit bei Steuern, Rente, Versicherung etc. verpuffen schnell im Durchzug. In der Malerei weiß er jedoch meist ziemlich genau, was er tut. Wichtig dabei ist die Leere, das kong 空, meinem momentan persönlichen Verständnis nach das Eintauchen in einen Umstand, der einen auf die Essenzen fokussieren lässt, ein Sein in der Gegenwart, im Moment.
Dieser Einblick hier ab großteils 2013 ist aus gemeinsamen Gesprächen und kleinen Projekten entstanden. Möglicherweise stimmt er nicht immer mit der Selbstwahrnehmung und Kunstinterpretation des Protagonisten überein, auch stammt die Auswahl der Bilder von mir, aber vielleicht gefällt es dennoch dem einen oder der anderen.
Aus der Serie: Lost in Utopia. Sommer 2013:
Pluralitäten werden bei Zhu Xianwei teilweise zu Widersprüchen oder lösen sich auf. Landschaftsmalerei, Romantik, irres Treiben, Leere, Ironie, Materie, Poesie und viele andere Elemente finden sich in seinen Arbeiten. Es geht Zhu um einen Dialog zwischen chinesischer und westlicher Landschaftsmalerei, durch den er dabei ist, sich den Weg seiner eigenen Landschaftsmalerei zu schaffen. Dabei interessieren ihn etwa die unterschiedlichen Perspektivvorstellungen. Die wandernden und multiplen Perspektiven der traditionellen chinesischen Landschaftsmalerei sieht er durch ihre Beweglichkeit und Freiheit und durch ihre Komplexität als besonders geeignet für die gegenwärtige Landschaftsmalerei und die facettenreiche Darstellung der Wahrnehmung und Verbindung subjektiver und objektiver Wirklichkeit.
Aus der Hanshan-Serie, 2014.
Als eine Leitlinie durch seine Landschaftsmalerei zieht sich von chinesischer Seite aus der Einsiedler-Mönch Hanshan, Kalter Berg, der im 7. Jahrhundert in seiner Höhle gelebt und dort seine Gedichte geschrieben hat (s. Zhu Xianwei: Ich und der Kalte Berg). Hanshan nahm durch die Übertragung von Gary Snyder einen wichtigen Einfluss auf die westliche Kultur – und fand erst in den letzten Jahren über Japan wieder seinen Weg nach China. Die Verbindung von Zen-Buddhismus und Daoismus, das tatsächliche Leben in der Natur ohne jeglichen Besitz, die Fragen der Individualität in Bezug auf das Ich und die Suche nach dem eigenen Selbst in für jede Generation neuen und immer anderen Bedingungen sind die Hauptpunkte, die nach der Beat-Generation auch Zhu Xianwei an Hanshan begeistern und deren Spurensuche er an ihrer Quelle verfolgt. Diese Essenz befindet sich für ihn auch in der westlichen Landschaftsmalerei der Romantik, wo seine Spurensuche weitergeht.
Er begibt sich regelmäßig auf „Wallfahrten“, von Rügen und den Kreidefelsen Caspar David Friedrichs über den französischen Wald bei Fontainebleau, um die Bewegung von der Wahrnehmung der Natur der damaligen Zeit vor Ort nachzuempfinden, bis in die Gebirgszüge, die Hanshan in seinen Gedichten beschrieben hat. Auf der Suche nach dem Weg in die Natur und nach dem Umgang mit ihr in unseren Vorstellungen und Projektionen, verbunden mit der Rückkopplung zur Kunsthistorie, möchte er im Umkehrschluss den Weg seiner Landschaftsmalerei weiter öffnen.
Aus der Hanshan-Serie, 2014.
Der Weg zur Wahrheit ist verzwickt, verwinkelt, vernebelt, zumindest neblig, klare Antworten existieren nicht, jeder muss selbst danach suchen – wenn es eine Antwort gäbe, wäre der Weg wohl auch nicht mehr interessant, vielleicht sogar überflüssig. Zhu Xianwei lockt den Betrachter mit seiner narrativen Landschaftsmalerei: Man möge sich in sein Bild hineinbegeben und in ihm wandeln. Dort vermag man dann bei näherem Verweilen alles mögliche zu entdecken, eine ganz eigene Welt, bekannt und doch immer wieder neu, romantisch und skurril, fernöstlich und manchmal noch ferner westlich – durch die man wandern, sich bei Gefallen beliebig niederlassen, eine Zeit wohnen und seinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Es existieren Referenzen und Hommagen zu anderen Kunstobjekten, zu geschichtlichen, gesellschaftlichen, gedanklichen Ereignissen, Epochen und Denkansätzen, ein Wulst aus Tinkturen. Ist man mit diesen vertraut, umso spannender, aber auch so lässt sich in dieser Welt Zhus wunderbar sinnieren.
Kreidefelsen an C.D. Friedrich. 2014 (Foto von Zhu Xianwei).
Caspar David Friedrichs „Kreidefelsen auf Rügen“ von 1818 hat man bei diesem Bild sofort vor Augen. Die drei Originalfiguren bei Friedrich werden von links nach rechts meist als seine Frau Caroline, als Porträt seiner selbst und als das seines Bruders gedeutet. Als Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, als Farbsymbolträger mit Bezug auf Religion, Politik und Leben … So wie Friedrich – Zhu Xianwei nennt ihn „David“ – der Szenerie die die Felsen einrahmenden Bäume hinzugefügt hat, spart auch Zhu nicht mit eigenen Kreationen. Den Blick umherschweifen lassend auf der Suche nach einem Einstieg, bleibe ich an dem alten Roboter hängen, der gefährlich nah an der Klippe steht und zu dem vor ihm schwebenden, doch mit Schatten versehenen Koffer schaut. Vielleicht impliziert der Schatten eine Brücke, die der Figur zur Verfügung stünde, wenn sie sich zur Reise entschließen würde. Aber diese scheint nicht nur im Moment des Gemaltwerdens einzuhalten, vielleicht ist sie einfach noch nicht so weit, an Friedrich denkend mag es eine Option für der Zukunft sein. Vielleicht gefällt dem Roboter auch nur die Möglichkeit des möglichen Aufbruchs.
Dazu kommen dann die O- und/ oder U-Form – in der Mitte das Meer, die Leerheit im Zentrum, etwas in der damaligen Landschaftsmalerei sehr Besonderes, dazu der Inhalt, in dem es um Hoffnung und Glauben geht. 200 Jahre nach Friedrich haben sich die Landschaft auf Rügen und unsere Welt sehr verändert. Mit surrealistischer Wandlung finden sich hier eine Tischlampe, ein Windrad, Panzer, Reisekoffer und Sofa – einfache Dinge, die in unserem modernen Alltag existieren. Mit dem strauchelnden, ängstlich wirkenden Papst, mit dem im Dunkeln mit sich beschäftigten, auf seine Naturaufnahmen fixierten und von dem durch die Linse eröffnenden Blick eingenommen Fotografen fragt Zhu nach unserem heutigen Glauben und Wahrheitssuchen. Der Affe rechts auf dem Baum versucht den Mond aus dem Wasser zu holen – nach einer alten chinesischen Erzählung ist der Mond im Wasser das Symbol der Täuschung. Als Betrachter im Originalbild von Friedrich auf der rechten Seite schaut hier der Roboter in die Ferne und Leere. Jede dieser Figuren scheint in ihre ganz eigene Weltsicht versunken, manche wohlmöglich verloren.
Am Anfang war der Hase. 2014 (Foto von Zhu Xianwei).
Dieses Bild fragt mit Albrecht Dürer nach dem Ursprung. Van Gogh mit Pfeife grübelt darüber links oben. Unter ihm wieder ein Fotograf im Dunkeln vor der Anhöhe des in die Fluten tauchenden Hinterns, der durch seine Größe selbst zu einem Teil des Berges geworden scheint, wie in Stein gemeißelt, aufgegangen in den Elementen Wasser und Holz und Stein in sich selbst ruhend, unter der Lampe hindurch, die Lampe erneut als modernes Licht nach Erkenntnis vielleicht forschend, vielleicht deutend, der Affe rechts im Baum, in gespannter Erwartung die Szenerie betrachtend – die suchende Frau, den ins Stillleben eingefroren scheinenden, gleichzeitig zum Einsatz bereiten Anzugmensch, den im pinken Gummiring steckenden Mann im Versuch, die Klippen zu bezwingen … in eigene Weltsichten versunken auch hier die Figuren, sie alle kennt und ist man. Doch wo steht man selbst wirklich? Das Radio plärrt, der Hase bleibt wachsam, zum Sprung bereit.
Hier nun eine Auswahl von Werken. Teilweise in Ermanglung der korrekten Namen habe ich zu Hilfsattributen wie Stühle oder Angler gegriffen.
Aus der Serie: Fremder. 2012 (Fotos von Zhu Xianwei):
Aus der Stühle-Serie, 2013:
Aus der Serie: Die Leere. 2012–2013 (Fotos von Zhu Xianwei):
Aus der Reiter-Serie, 2013:
Aus der van Gogh-Serie, 2013:
Verschiedenes, 2013:
Aus der Angler-Serie, 2014:
Aus der Babel-Serie, 2014:
Aus der Hanshan-Serie, 2014:
--
Atelier Beijing, 2013.
Atelier Stuttgart, 2014.
Fotos, wenn nicht anders ausgezeichnet, von Stefanie Thiedig.
Literatur
Peter O. Chotjewitz: Die Ferne in Dir. Einige Bemerkungen zu den Stuttgarter Bildern von Xianwei Zhu. Stuttgart 2005. Online hier.
Zhu Xianwei 朱贤巍: Searching For No Heaven 寻找非天堂. Ausstellungskatalog der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart anlässlich der gleichnamigen Einzelausstellung mit einem Vorwort von Günter Baumann, Stuttgart 2009.
S. zu Hanshan die Übersetzung von Stephan Schuhmacher: Han Shan: 150 Gedichte vom Kalten Berg, Fassung von 1974 (mittlerweile VPN notwendig), Kommentar und Vorwort zur Neuauflage von 2001 hier. Original: 寒山诗集.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Künstler 艺术家, Malerei 绘画, Gegenwart 当代, Häufig gelesen 频看
Zhu Xianwei, geboren 1971 in Qingdao, studierte an den Kunstakademien von Hangzhou und Stuttgart. Seit 2008 lebt er als freier Maler in Stuttgart und Beijing. Er hat sowohl die handwerkliche Schule Chinas durchlaufen als auch die, zumindest im Gegensatz zur chinesischen, individualistische Deutschlands. Analytisches Denken hat ihn dabei allerdings nicht verkorkst, denn im Gespräch mit ihm folgt er in seinen Gedankengängen teilweise rabiat dem Fluss der eigenen Gehirnsynapsen. Es geht ihm um Themen wie Fremde und Zugehörigkeit, Sehnsucht und Einsamkeit, durchdrungen von einer gelegentlich klischeeartigen Shandong-Machohaftigkeit mit merkwürdig traditionalistischem Männlichkeitsverständnis. Wenn er einen ihm wichtigen Gedanken fasst, ist dieser häufig poetisch im Ausdruck und dahinter verbergen sich dann gerne idealistische Vorstellungen – zur Leere und zum Nebel, zur Natur und Erhabenheit, beinahe hört man dabei den Wind auf dem Berggipfel mit vorüberziehen.
Sein leiser, subtiler Humor ist sehr einnehmend. Gerne auch unterschwellig gewitzt, häufig frotzelt er vor sich hin und lacht sich dann eins ins Fäustchen. Es geht eine Leichtigkeit und Gelassenheit von ihm aus, wobei er sich manchmal auch in Rage redet, dass man das Gefühl hat, er sei zur Revolution bereit. Doch fokussiert er diese auf seine Malerei. So orientierungslos er im örtlichen Zurechtfinden wirkt, so desinteressiert gibt er sich auch gegenüber materiellen weltlichen Fragestellungen, Aggressionen in Bezug auf deutsche Gründlichkeit bei Steuern, Rente, Versicherung etc. verpuffen schnell im Durchzug. In der Malerei weiß er jedoch meist ziemlich genau, was er tut. Wichtig dabei ist die Leere, das kong 空, meinem momentan persönlichen Verständnis nach das Eintauchen in einen Umstand, der einen auf die Essenzen fokussieren lässt, ein Sein in der Gegenwart, im Moment.
Dieser Einblick hier ab großteils 2013 ist aus gemeinsamen Gesprächen und kleinen Projekten entstanden. Möglicherweise stimmt er nicht immer mit der Selbstwahrnehmung und Kunstinterpretation des Protagonisten überein, auch stammt die Auswahl der Bilder von mir, aber vielleicht gefällt es dennoch dem einen oder der anderen.
Aus der Serie: Lost in Utopia. Sommer 2013:
Pluralitäten werden bei Zhu Xianwei teilweise zu Widersprüchen oder lösen sich auf. Landschaftsmalerei, Romantik, irres Treiben, Leere, Ironie, Materie, Poesie und viele andere Elemente finden sich in seinen Arbeiten. Es geht Zhu um einen Dialog zwischen chinesischer und westlicher Landschaftsmalerei, durch den er dabei ist, sich den Weg seiner eigenen Landschaftsmalerei zu schaffen. Dabei interessieren ihn etwa die unterschiedlichen Perspektivvorstellungen. Die wandernden und multiplen Perspektiven der traditionellen chinesischen Landschaftsmalerei sieht er durch ihre Beweglichkeit und Freiheit und durch ihre Komplexität als besonders geeignet für die gegenwärtige Landschaftsmalerei und die facettenreiche Darstellung der Wahrnehmung und Verbindung subjektiver und objektiver Wirklichkeit.
Aus der Hanshan-Serie, 2014.
Als eine Leitlinie durch seine Landschaftsmalerei zieht sich von chinesischer Seite aus der Einsiedler-Mönch Hanshan, Kalter Berg, der im 7. Jahrhundert in seiner Höhle gelebt und dort seine Gedichte geschrieben hat (s. Zhu Xianwei: Ich und der Kalte Berg). Hanshan nahm durch die Übertragung von Gary Snyder einen wichtigen Einfluss auf die westliche Kultur – und fand erst in den letzten Jahren über Japan wieder seinen Weg nach China. Die Verbindung von Zen-Buddhismus und Daoismus, das tatsächliche Leben in der Natur ohne jeglichen Besitz, die Fragen der Individualität in Bezug auf das Ich und die Suche nach dem eigenen Selbst in für jede Generation neuen und immer anderen Bedingungen sind die Hauptpunkte, die nach der Beat-Generation auch Zhu Xianwei an Hanshan begeistern und deren Spurensuche er an ihrer Quelle verfolgt. Diese Essenz befindet sich für ihn auch in der westlichen Landschaftsmalerei der Romantik, wo seine Spurensuche weitergeht.
Er begibt sich regelmäßig auf „Wallfahrten“, von Rügen und den Kreidefelsen Caspar David Friedrichs über den französischen Wald bei Fontainebleau, um die Bewegung von der Wahrnehmung der Natur der damaligen Zeit vor Ort nachzuempfinden, bis in die Gebirgszüge, die Hanshan in seinen Gedichten beschrieben hat. Auf der Suche nach dem Weg in die Natur und nach dem Umgang mit ihr in unseren Vorstellungen und Projektionen, verbunden mit der Rückkopplung zur Kunsthistorie, möchte er im Umkehrschluss den Weg seiner Landschaftsmalerei weiter öffnen.
Aus der Hanshan-Serie, 2014.
Der Weg zur Wahrheit ist verzwickt, verwinkelt, vernebelt, zumindest neblig, klare Antworten existieren nicht, jeder muss selbst danach suchen – wenn es eine Antwort gäbe, wäre der Weg wohl auch nicht mehr interessant, vielleicht sogar überflüssig. Zhu Xianwei lockt den Betrachter mit seiner narrativen Landschaftsmalerei: Man möge sich in sein Bild hineinbegeben und in ihm wandeln. Dort vermag man dann bei näherem Verweilen alles mögliche zu entdecken, eine ganz eigene Welt, bekannt und doch immer wieder neu, romantisch und skurril, fernöstlich und manchmal noch ferner westlich – durch die man wandern, sich bei Gefallen beliebig niederlassen, eine Zeit wohnen und seinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Es existieren Referenzen und Hommagen zu anderen Kunstobjekten, zu geschichtlichen, gesellschaftlichen, gedanklichen Ereignissen, Epochen und Denkansätzen, ein Wulst aus Tinkturen. Ist man mit diesen vertraut, umso spannender, aber auch so lässt sich in dieser Welt Zhus wunderbar sinnieren.
Kreidefelsen an C.D. Friedrich. 2014 (Foto von Zhu Xianwei).
Caspar David Friedrichs „Kreidefelsen auf Rügen“ von 1818 hat man bei diesem Bild sofort vor Augen. Die drei Originalfiguren bei Friedrich werden von links nach rechts meist als seine Frau Caroline, als Porträt seiner selbst und als das seines Bruders gedeutet. Als Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft, als Farbsymbolträger mit Bezug auf Religion, Politik und Leben … So wie Friedrich – Zhu Xianwei nennt ihn „David“ – der Szenerie die die Felsen einrahmenden Bäume hinzugefügt hat, spart auch Zhu nicht mit eigenen Kreationen. Den Blick umherschweifen lassend auf der Suche nach einem Einstieg, bleibe ich an dem alten Roboter hängen, der gefährlich nah an der Klippe steht und zu dem vor ihm schwebenden, doch mit Schatten versehenen Koffer schaut. Vielleicht impliziert der Schatten eine Brücke, die der Figur zur Verfügung stünde, wenn sie sich zur Reise entschließen würde. Aber diese scheint nicht nur im Moment des Gemaltwerdens einzuhalten, vielleicht ist sie einfach noch nicht so weit, an Friedrich denkend mag es eine Option für der Zukunft sein. Vielleicht gefällt dem Roboter auch nur die Möglichkeit des möglichen Aufbruchs.
Dazu kommen dann die O- und/ oder U-Form – in der Mitte das Meer, die Leerheit im Zentrum, etwas in der damaligen Landschaftsmalerei sehr Besonderes, dazu der Inhalt, in dem es um Hoffnung und Glauben geht. 200 Jahre nach Friedrich haben sich die Landschaft auf Rügen und unsere Welt sehr verändert. Mit surrealistischer Wandlung finden sich hier eine Tischlampe, ein Windrad, Panzer, Reisekoffer und Sofa – einfache Dinge, die in unserem modernen Alltag existieren. Mit dem strauchelnden, ängstlich wirkenden Papst, mit dem im Dunkeln mit sich beschäftigten, auf seine Naturaufnahmen fixierten und von dem durch die Linse eröffnenden Blick eingenommen Fotografen fragt Zhu nach unserem heutigen Glauben und Wahrheitssuchen. Der Affe rechts auf dem Baum versucht den Mond aus dem Wasser zu holen – nach einer alten chinesischen Erzählung ist der Mond im Wasser das Symbol der Täuschung. Als Betrachter im Originalbild von Friedrich auf der rechten Seite schaut hier der Roboter in die Ferne und Leere. Jede dieser Figuren scheint in ihre ganz eigene Weltsicht versunken, manche wohlmöglich verloren.
Am Anfang war der Hase. 2014 (Foto von Zhu Xianwei).
Dieses Bild fragt mit Albrecht Dürer nach dem Ursprung. Van Gogh mit Pfeife grübelt darüber links oben. Unter ihm wieder ein Fotograf im Dunkeln vor der Anhöhe des in die Fluten tauchenden Hinterns, der durch seine Größe selbst zu einem Teil des Berges geworden scheint, wie in Stein gemeißelt, aufgegangen in den Elementen Wasser und Holz und Stein in sich selbst ruhend, unter der Lampe hindurch, die Lampe erneut als modernes Licht nach Erkenntnis vielleicht forschend, vielleicht deutend, der Affe rechts im Baum, in gespannter Erwartung die Szenerie betrachtend – die suchende Frau, den ins Stillleben eingefroren scheinenden, gleichzeitig zum Einsatz bereiten Anzugmensch, den im pinken Gummiring steckenden Mann im Versuch, die Klippen zu bezwingen … in eigene Weltsichten versunken auch hier die Figuren, sie alle kennt und ist man. Doch wo steht man selbst wirklich? Das Radio plärrt, der Hase bleibt wachsam, zum Sprung bereit.
Hier nun eine Auswahl von Werken. Teilweise in Ermanglung der korrekten Namen habe ich zu Hilfsattributen wie Stühle oder Angler gegriffen.
Aus der Serie: Fremder. 2012 (Fotos von Zhu Xianwei):
Aus der Stühle-Serie, 2013:
Aus der Serie: Die Leere. 2012–2013 (Fotos von Zhu Xianwei):
Aus der Reiter-Serie, 2013:
Aus der van Gogh-Serie, 2013:
Verschiedenes, 2013:
Aus der Angler-Serie, 2014:
Aus der Babel-Serie, 2014:
Aus der Hanshan-Serie, 2014:
--
Atelier Beijing, 2013.
Atelier Stuttgart, 2014.
Fotos, wenn nicht anders ausgezeichnet, von Stefanie Thiedig.
Literatur
Peter O. Chotjewitz: Die Ferne in Dir. Einige Bemerkungen zu den Stuttgarter Bildern von Xianwei Zhu. Stuttgart 2005. Online hier.
Zhu Xianwei 朱贤巍: Searching For No Heaven 寻找非天堂. Ausstellungskatalog der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart anlässlich der gleichnamigen Einzelausstellung mit einem Vorwort von Günter Baumann, Stuttgart 2009.
S. zu Hanshan die Übersetzung von Stephan Schuhmacher: Han Shan: 150 Gedichte vom Kalten Berg, Fassung von 1974 (mittlerweile VPN notwendig), Kommentar und Vorwort zur Neuauflage von 2001 hier. Original: 寒山诗集.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Künstler 艺术家, Malerei 绘画, Gegenwart 当代, Häufig gelesen 频看
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 31. Mai 2015
Sahnehäubchen in Beijing im Mai 2015
youjia, 11:33h
Xu Zhen 徐震: 天下——20130509 (etwa: Unter dem Himmel – 20130509). Öl auf Leinwand, 95x140cm, 2013.
Gewitzt. 天下, unter dem Himmel – an einem Tag, 20130509. Vom Poly Auktionshaus (Teil der Poly Group ist es das Christie's und Sotheby's für China, bekannt durch seinen Waffenhandel, Kunst ist inzwischen ebenfalls gutes Geschäft; gut hierzu Mark Siemons über den cn. Kunstmarkt, Sept. 2012) ist dieser Augenzuckerguss gelistet mit 520.000–700.000 RMB. Ein sehr passender Blick in unser Gewühl hier auf Erden. Extrem dick aufgetragen, aus der Spritzdose gepresst, in frohen Farben dekoriert, in Öl auf Leinwand des Sammlers liebster Wert – nach mittlerweile zwei Jahren einigermaßen durchgetrocknet? Wie gerne hätte ich testend meinen Finger hineingesteckt.
Ich bin ziemlich fasziniert von dem Ganzen. Es zeigt all die Ich weiß nicht wohin mit meinem Geld-Verschwendungssucht, geschmackvoll die Farbpalette eigentlich, doch durch das Übermaß so ungenießbar wie die Oberfläche undurchdringlich. Man würde drin ersticken, sollte man sich hineinzuwagen trauen. Deshalb bleibt man davor stehen und bekommt den Mund nicht zu oder möchte einen Happen ergattern.
Hier ein vergrößerter Ausschnitt, weil man es oben gar nicht richtig erkennen kann und einfach groß sehen muss:
Ebd., Detail.
Within Sight – Chinese New Painting at Post Financial Crisis Era 目光所及——后金融危机时代的中国新绘画 hieß die Ausstellung, 20–26-5-2015, im Poly Art Museum, s. hier. Interessanter Titel, so oder so pike ich ganz gerne vorbei, weil die Polyaner mittlerweile auf ordentlichen Schätzen sitzen und auch, weil ich mit Begeisterung zur Brücke in den 15. Stock fahre.
Nach der Krise ist im Angesicht der Preise nicht nur vor der Krise, sondern weit über sie hinausgehend. Immerhin finden sich in den Werken auch andere als nur materielle Werte. Natürlich weiterhin schedderig gehängt, in diesem Zusammenhang ein wunderbarer Text von Eva Lüdi Kong: Schiefe Bilder (Juni 2014, VPN notwendig). Oben, im von der gigantischen Sicht abgeriegelten Café, fanden wir ein passendes Beispiel, man muss seine Güter in dieser Drecksstadt halt irgendwie schützen …
Hier eine kleine Auswahl der Bilder. Ich setze die Polypreise dazu, weil ich den Katalog neben mir liegen habe und diese Übertreibungen so wahnwitzig wie interessant finde. Es sollte vielleicht angemerkt werden, dass nicht die Künstler diese Preise einheimsen, sondern, naja, Poly oder wie auch immer das bei denen eben läuft. Auswahl:
Liu Wei 刘韡: 对,这就是全部!(etwa: Genau, das ist alles!). Öl auf Leinwand, 180x250cm, 2009. Polypreis: 720.000–900.000 RMB.
Wang Guangle 王光乐: 寿漆 (etwa: Farbe langen Lebens). Öl auf Leinwand, 114x116cm, 2007. Polypreis: 800.000–1.200.000 RMB.
Cai Lei 蔡磊: 模棱2号 (etwa: Ambivalent Nr. 2). Acryl auf Leinwand, 170x120x22,5cm, 2009. Polypreis: leider nicht im Katalog aufgenommen, vielleicht verkauft, nur Leihgabe oder so.
Wang Yabin 王亚彬: 留影阁——松影道3 (etwa: Erinnerungsfoto im Pavillon – Schatten der Kiefer auf dem Weg 3). Öl auf Leinwand, 150x120cm, 2013. Polypreis: 300.000–400.000 RMB.
Sun Xun 孙逊: 魔术师堂1–20 (etwa: Halle des Illusionisten 1–20). Tusche auf Zeitungspapier, versch. Größen zw. 39/56–28/170cm, 2008. Polypreis: 240.000–320.000 RMB.
Liu Wei 刘韡: 紫气30033403 (etwa: Lila Wolke [glücksverheißendes Omen in der cn. Astrologie] 30033403). Öl auf Leinwand, 300x180cm, 2009. Polypreis: 1.800.000–2.500.000 RMB.
Qin Qi 秦琦: 比赛 (etwa: Wettkampf). Öl auf Leinwand, 180x250cm, 2004. Polypreis: 280.000–350.000 RMB.
Ma Ke 马轲: 马上封侯之五 (etwa: Auf der Stelle zum Fürsten erhoben werden [es geht um Karriereaufstieg, der Gleichklang vom Affen 猴 symbolisiert den Fürsten 侯], die Fünfte). Öl auf Leinwand, 150x200cm, 2006. Polypreis: 160.000–260.000 RMB.
Es hing auch einiges an miesen Arbeiten herum, die verkneife ich mir, aber wenigstens zwei Skurrilitäten möchte ich mit aufnehmen:
Song Yuanyuan 宋元元: 有画框的祝君成功 (etwa: Mit Bilderrahmen der Herrschaft zum Erfolg gratulieren). Öl auf Leinwand, Rahmen, 145x90cm, 2010. Polypreis: 80.000–120.000 RMB.
Der billigste Schinken, den ich im Katalog gefunden habe, fast ein Schnäppchen – zu direkt? Das ist aber auch eine Zusammenstellung, oben die sich überbietenden Rahmen, unten Gefledder …
Wang Yin 王音: 沙尘暴 (etwa: Sandsturm). Öl auf Leinwand, 180x290cm, 2000. Polypreis: 1.000.000–1.200.000 RMB.
Oben im Bild steht The Short Story, die ineinander verwickelten, fein gemalten traditionellen Kitschelemente mit der groben Resignation sind schon recht deutlich, auch wenn die Herstellung im Jahr 2000 sehr viel Weitsicht bzgl. der Finanzkrise einschließt – der ungewollt passend platzierte Notausgang-Hinweis unten drunter macht sich ebenfalls.
Soweit dazu.
Dann bin ich noch bei dem einen oder anderen vorbeigekommen.
Caochangdi
Bei Meile etwa läuft die sehenswerte Show von Cheng Ran 程然: In Course of the Miraculous 奇迹寻踪, 25-4–12-7-2015.
Scenario Hypotheses 1-6 关于场景的猜想和假设1-6. 2015.
Scenario Hypotheses 6 关于场景的猜想和假设6. 2015.
Filmausschnitt. 2015.
Filmstill, bearbeitet. 2015.
In den Red Bricks im Ink Studio 墨斋 Zheng Chongbin 郑重宾: Wall of Skies 层层天墙, 30-5–8-8-2015.
Die Intelligentsianer zeigen im Unicorn Space Living Elsewhere and Together 生活在别处&我想我们在一起, 30-5–6-7-2015.
Ying Space 应空间 Peter Le: News From Nowhere, 30-5–?-2015.
Im Telescope 望远镜 läuft Yu Honglei 尉洪磊: Sketch 速写, 30-5–26-7-2015.
In der ShanghArt Gallery 香格纳画廊 zeigt Wu Yiming 邬一名: Recent Works, 30-5–12-7-2015.
The Chrysanthemum 1 菊花1, 2015.
Heiqiao
Zwei Studiobesuche, erst bei dem einen, dann mit diesem zum anderen – im Style gewisse Ähnlichkeiten.
Lü Song 吕松 (rechts 左) und Feng Lianghong 冯良鸿 (links 右).
Lü Song 吕松:
Feng Lianghong 冯良鸿:
Und wieder ein neuer Mini-Space in Heiqiao: Unit One Gallery 一单元画廊 mit einer Show von Tony Trembath: Some Notes on the Naming of Mountains 为群山归类, 30-5–13-6-2015.
798
Ach, und natürlich die David Hockney-Ausstellung im Pace: The Arrival of Spring, 18-4–6-6-2015.
Wie hatte ich mich drauf gefreut. Ich glaube, der alte Herr will uns auf den Arm nehmen mit seinem iPad-Gekraksel. Ausnahmsweise wurde man einmal nicht wie sonst von den 43 Wachmännern beäugt und zurechtgewiesen, wenn man einen Fotoapparat bei sich hatte, sondern unter den Besuchern stellten sich die Mädels vor Hockneys Landschaften und die Jungs drückten sie per Auslöser hinein. 798-Jahrmarkt.
16 May, 2011.
Ebd., Detail.
Die Videowände mochte ich, trotz etlicher Ist doch nichts Neues-Stimmen.
Seven Yorkshire Landscapes. 2011.
Woldgate Woods, Winter. 2010.
Gut aber ist es gegenüber in der Gallery Yang, wo Zhang Xinjun 张新军 Folds 褶皱 zeigt, 25-4–7-6-2015.
Dann öffnet das Minsheng Art Museum Beijing auf der Nordseite vom 798 östlich neben dem Krankenhaus demnächst seine Tore. Ist ein massives Scheusal geworden und will auf die Dauer neben den Ausstellungssälen Designshops, Cafés und andere Kreativindustrien beherbergen. Am 13-6-2015 soll es eine erste Ausstellung geben. Was zeigt ihr?, fragte ich, Malerei, die Antwort, Wen denn?, Keine Ahnung, irgendwelche Bilder. Tja, so wirkt auch das Gebäude, ein neuer Ort zum Gruseln.
Hutongs
Im Institute for Provocation zeigte Julien Maire seine Ausstellung Step: Direction, 24–30-5-2015. Wunderschön und ruhig.
Im I: project space lief Esther Kokmeijers Reiseprojekt One Sheep is No Sheep, 23-5-2015, in dem sie ein Lämmchen aus China als Geschenk mit in die Mongolei geschmuggelt hat.
Und die Intelligentsia Gallery schloss gerade ihren 35-Tageszyklus Live at 活的 ab, 11-4–17-5-2015.
Patty Chang.
Derweil ich mit Alice in einem anderen Teil der Stadt an Mülleimern vorbeikomme …
… wird um den Trommelturm herum fleißig aufgerissen und der Ort in zivilisierte Fassaden mit Grünflächen umgewandelt. Zajia musste bereits weichen. Auch dazu allein schon wegen des Titels gut von Yan Jun: Drugs, Violence, Porno, Mafia, Anti-government, Anti-religion and Acid Mothers Temple (Mai 2015, gefunden von Longping).
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ausstellung 展览, Beijing 北京, Gegenwart 当代, Malerei 绘画, Architektur 建筑, Fotografie 摄影, Multimedia 多媒体, Häufig gelesen 频看
... link (0 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 2. April 2015
100: Tantchen zu Ehren
youjia, 08:37h
Am 2. April 1915 wurden sie in Köln geboren, die Zwillis. Heute ist Tantchen 100 geworden. Elisabeth Emilie Kreszentia Weinrich, unser Tantchen, ist die Zwillingsschwester von Margareta Barbara Kreszentia Thiedig, geb. Weinrich, meiner Großmutter väterlicherseits. Vor über vier Jahren sagte mir meine Oma am Telefon, dass Tantchen und sie beschlossen hätten, die 100 zu erreichen.
„Et kütt wie et kütt und et hätt noch immer jot jejange.“
Nach hartnäckigem Bohren und langen Gesprächen durch ihr Jahrhundert war es das, was Oma zum Sinn des Lebens meinte. Ein Appell an die Gelassenheit? So würde ich es interpretieren, für sie war es wohl der Glaube an ihren Schutzengel – was möglicherweise aufs Gleiche hinausläuft.
Vor eineinhalb Jahren war Tantchen sauer auf Oma, lässt sie mich alleine, schimpfte sie, wir wollten doch zusammen 100 werden. Es wird schon gut gehen, sagte Oma und machte sich, sanft aus ihrem irdischen Leben entschlafend, auf die Reise.
Heute, am 2. April 2015, hebe ich mein Glas: Auf dich, Tantchen! Morgen, nach dem ganzen Trubel, werde ich das erste Mal in meinem Leben mit einer Hundertjährigen sprechen …
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Fest 节日, Gegenwart 当代, Vergangenes 古代, Fotografie 摄影
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 29. März 2015
Gerade in Deutschland
youjia, 11:06h
Im Winter, dort gab es für meinen Radar zunächst Pegida, dann Charlie Hebdo, den Ukrainekonflikt, die Griechenlandmisere, den hin- und hergerissenen Umgang mit diesen Phänomenen. Ich führte Gespräche über Kommunen, die sich besonders in Norddeutschland, teilweise sogar mit dem ernsthaften Anspruch auf Autarkie, einrichten; ich stehe dem Gedankenmodell der Kleinstaaterei mit einem nationalen oder auch europäischen Überbau gar nicht abgeneigt gegenüber.
Auf dem Rückflug über Warschau bestiegen am Nachbargate eine gute Handvoll ergrauter deutscher Soldaten das Flugzeug nach Minsk. Mir wurde mulmig und ich kroch in Houellebecqs Unterwerfung, noch eine Rüttlung, quasi eine Bestandsaufnahme der aktuellen, laizistisch linkstendierten Richtung im Intellektuellenmilieu, das beinahe apathisch vor sich hindümpelt, wenn es nicht mit sexueller Befriedigung oder der Angst vor Einsamkeit beschäftigt ist. Ob jetzt die Kehrtwende von der Säkularisierung stattfindet, wie ich Houellebecq in einem Interview in der Zeit gelesen habe, weiß ich nicht. Es geht schon seit einiger Zeit wieder vermehrt gen Spiritualität; wenn ich jetzt durch die Kleinstädte in Oldesloe oder Segeberg gegangen bin, habe ich in beinahe jeder Straße ein Reihenhaus mit Schildchen für Reikiangebote finden können, auch die Buchhalterin meines Vaters bietet es nebenbei an. Houellebecq ist allerdings der Meinung, dass wir uns auf einem spirituellen Rückweg ins Mittelalter befinden, die Aufklärung beiseite schiebend. Zwar glaube ich genausowenig an eine lineare Zeitentwicklung, aber auch nicht an die der Kreisbewegung, eher an eine zeitlich spiralförmige und damit evolutionäre Kreisbewegung. Vielmehr muss ich sagen, dass ich darauf hoffe, gerade nach der Lektüre der Unterwerfung. Ich meine schon, dass es möglich ist, die spirituellen Bedürfnisse in Einklang mit aufgeklärten Werten zu sehen – er zieht den armen Humanismus so durch den Dreck, dass man fast peinlich berührt ist, noch an ihm festzuhalten. Was er da mit den Frauen macht, kann selbstverständlich nicht durchgelassen werden. Unterwerfung bezieht sich auf absolute Unterwerfung des Menschen unter Gott und, ganz unterirdisch, der Frau unter den Mann. Dabei geht es um Polygamie als natürliche Selektion statt des törichten Glaubens an die Liebe und den ganzen Kram. Bei dieser Pro-Religionsgeschichte lese ich als Hauptabsicht heraus, dass unser Gesellschaftsmodell mit Jeder darf und am Schluss sind alle einsam nicht funktioniert und wir zurück müssen zum altbewährten Gesellschaftsmodell der Familie, in dem sich ordentlich fortgepflanzt werden kann – islamisch verschönt durch ältere Kochfrau für den Gaumen, junge Dirne für die anderen Freuden (so wie es in China ja auch weiter gerne pragmatisch praktiziert wird, die in doppeltem Sinne unantastbare Alte für Herd und Erziehung, die heimliche Geliebte für des Mannes heiliges U-A). Die Einsamkeit kann man wirklich als Problem sehen, und auch mit dem Kommunengedanken scheint sie mir erst auflösbar, wenn die körperlichen Bedürfnisse von Dannen gezogen sind, dieses zugegebenermaßen ernste Dilemma also in Ermangelung einer Lösung einmal kurz außenvor gelassen. Wenn man also nicht der Egoschiene der Selbsterhaltung frönt (bitte nicht missverstehen, nichts gegen Familien), wenn man, vielleicht könnte man es auch so sagen, humanistisch denkt, gesamtgesellschaftlich für die Menschheit an sich, nicht für diese Idee der Staatengemeinschaften, nicht für ein Wir brauchen Stoff für unsere Kämpfe, seien sie nun militärischer oder wirtschaftlicher Art, nicht für Machtansprüche jeglichen Couleurs – ist dann nicht eigentlich Konsens, dass geringere Fortpflanzung besser wäre? Houellebecq zieht mir im letzten Kapitel feist einen Strich durch die Rechnung. Seine natürliche Auslese soll durch Intelligenz bestritten werden, den Intelligenten und denen mit Geld, die ebenfalls ein Quentchen Intelligenz bewiesen haben müssen, um an Geld gekommen zu sein, denen sollen bis zu vier Frauen verabreicht werden, damit den armen Schröpfen nur, vermute ich, so wenige Damen übrig bleiben, dass sie ihren Mittelmaßproduktionsbestand aufrecht erhalten können – wobei ich mir nicht sicher bin, ob dabei ebenfalls geringere Fortpflanzung Ziel ist, vermutlich nicht, also steht mein Punkt doch noch? Und ist das jetzt schon wieder viel zu naiv, worauf der dicke Mann Anfang vierzig mit kleinem Pimmel lacht? Öhm, sorry.
Eine Veränderung scheint anzustehen, es beginnt zu brodeln. Zuvor die Jahre kam mir der alte Kontinent als im Stillstand begriffen vor, ich hatte die allgemeine Verfassung als ein Ausharren, einen Wartezustand, bevor etwas Neues passiert, wahrgenommen. Und bin nun äußerst gespannt, wo es hingeht.
Drei größere Tendenzen sind mir in der Kunst über den Weg gelaufen als ich vor allem in Hamburg und Berlin, aber auch in Düsseldorf und Köln in Galerien unterwegs war. In Lissabon war ich auch und habe von dort neben den wundervollen Farben der Stadt in, wie mein Vater es nennt, morbidem Charme, einige Skurrilitäten mitgenommen, aber abgesehen vom nicht unberechtigten, Marionetten ziehenden Schimpf auf Merkel in den Graffitis aalt man sich doch eher in einstiger Größe der Weltmeerherrschaft, hach und stimmt ein Fado an. Zurück also nach Deutschland.
Tendenz 1: Die Landkarte. Vor zwei Jahren stießen mein Ingenieursbruder und ich auf die Peters Projection-Karte (tsss, ohne VPN kommt man in China nicht auf die Petersmap-Seite), die unserem westlichen, noch immer kolonial geprägten Weltverständnis (und scheinbar auch dem der chinesischen Internetpolizei) mit Flächentreue begegnet. Nord- und Südachse werden geradegerückt, die Dritteweltländer am Äquator landen in der Mitte und wir schrumpfen auf unser korrektes Größenverhältnis, so ungefähr jedenfalls meinem geografischen Laienverständnis nach. Und ähnliche Ansätze, zumindest ein Auseinandersetzen mit wörtlich zu nehmender Befindlichkeit, sieht man jetzt immer wieder zwischendurch.
Nanne Meyer: Innenseiter. Frankreich. 2012.
Ricarda Mieth: Rica Reich, Plan C, M 10:25. O. J.
In diesem, im weiteren Zusammenhang ist sicherlich auch das Thema Anthropozän spannend.
Tendenz 2: Poesie. Fragil und leicht sind unter etlichen Werken in Zeichnung und Fotografie kleine poetische Zeilen zu finden.
"Heute gibt es keine / Sterne der Himmel ist / bewölkt ich schau / morgen wieder". Serie, 2014. Produzentengalerie: Annika Kahrs.
"Arise violence from the whiteness / with a great drunken wing beat". Aus Jen Liu: The Machinist's Lament. Filmstill 2014. Gesehen im Berlinale Forum Expanded (oh, das Forum war so gut).
Walter Dahn: Surf Surf Surf. 2014.
Ok, dies habe ich natürlich vor allem wegen meiner Zäune aufgenommen und ist eigentlich nicht ganz das, was ich hier meine.
Diese Poesietendenz meine ich nicht unbedingt politisch, vor allem aber nicht laut. Eher als sich um den ganz individuellen Dunstkreis summselnde Selbstgenügsamkeit, sacht, leicht verträumt unbeschwert, mit ein wenig Selbstironie, denn so ganz romantisch arglos gehts ja nun heute doch nicht mehr – wobei es, dieses Dahinter-Es, andererseits aber auch nicht mehr ausschließlich als Kitsch abgetan werden muss.
Tendenz 3: In Stein gemeißelt. Vielleicht bin ich auch nur seit einer Weile neben dem Zweidimensionalen offen gegenüber Skulpturen und sehe sie überhaupt deshalb erst. Dennoch kommt es mir so vor, als würde es gewichtiger – und damit ganz gegensätzlich der gerade beschriebenen Zerbrechlichkeit. Es hat etwas Archaisches, scheint einerseits auf Ursprung aus, mehr noch andererseits auf Beständigkeit, wenn nicht gar auf Ewigkeit, auf eine Hinterlassenschaft, die die Jahrtausende überdauern kann. Dies klingt ziemlich geltungsbedürftig, vielleicht ist es das auch, aber wenn man bedenkt, dass unser westliches Gesellschaftsmodell möglicherweise, möglicherweise sogar hoffentlich einer radikalen Änderung entgegensieht, macht es Sinn.
Neben anderen scheint mir die Gruppenausstellung "Cluj Connection 3D" rumänischer Künstler in der Galerie Nolan Judin besonders bezeichnend:
Vlad Olariu: Constantinople. 2013.
Radu Cioca: Becoming Object 3. 2013.
Mihuț Boșcu Kafchin: Steps to Geometric Divination. 2015.
All diese Tendenzen schreibe ich einem Bedürfnis nach dem Ende des Wartezustandes zu, ob gen Umdenken, Leichtigkeit oder rückbesinnende Ewigkeit, scheint es mir ein Bedürfnis nach möglichem Federlassen und Aufschwingen. Was auch immer für Stürme anstehen mögen.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Reise 专程, Gegenwart 当代, Politik 政治, Ausstellung 展览, Vögel 鸟, Häufig gelesen 频看
Auf dem Rückflug über Warschau bestiegen am Nachbargate eine gute Handvoll ergrauter deutscher Soldaten das Flugzeug nach Minsk. Mir wurde mulmig und ich kroch in Houellebecqs Unterwerfung, noch eine Rüttlung, quasi eine Bestandsaufnahme der aktuellen, laizistisch linkstendierten Richtung im Intellektuellenmilieu, das beinahe apathisch vor sich hindümpelt, wenn es nicht mit sexueller Befriedigung oder der Angst vor Einsamkeit beschäftigt ist. Ob jetzt die Kehrtwende von der Säkularisierung stattfindet, wie ich Houellebecq in einem Interview in der Zeit gelesen habe, weiß ich nicht. Es geht schon seit einiger Zeit wieder vermehrt gen Spiritualität; wenn ich jetzt durch die Kleinstädte in Oldesloe oder Segeberg gegangen bin, habe ich in beinahe jeder Straße ein Reihenhaus mit Schildchen für Reikiangebote finden können, auch die Buchhalterin meines Vaters bietet es nebenbei an. Houellebecq ist allerdings der Meinung, dass wir uns auf einem spirituellen Rückweg ins Mittelalter befinden, die Aufklärung beiseite schiebend. Zwar glaube ich genausowenig an eine lineare Zeitentwicklung, aber auch nicht an die der Kreisbewegung, eher an eine zeitlich spiralförmige und damit evolutionäre Kreisbewegung. Vielmehr muss ich sagen, dass ich darauf hoffe, gerade nach der Lektüre der Unterwerfung. Ich meine schon, dass es möglich ist, die spirituellen Bedürfnisse in Einklang mit aufgeklärten Werten zu sehen – er zieht den armen Humanismus so durch den Dreck, dass man fast peinlich berührt ist, noch an ihm festzuhalten. Was er da mit den Frauen macht, kann selbstverständlich nicht durchgelassen werden. Unterwerfung bezieht sich auf absolute Unterwerfung des Menschen unter Gott und, ganz unterirdisch, der Frau unter den Mann. Dabei geht es um Polygamie als natürliche Selektion statt des törichten Glaubens an die Liebe und den ganzen Kram. Bei dieser Pro-Religionsgeschichte lese ich als Hauptabsicht heraus, dass unser Gesellschaftsmodell mit Jeder darf und am Schluss sind alle einsam nicht funktioniert und wir zurück müssen zum altbewährten Gesellschaftsmodell der Familie, in dem sich ordentlich fortgepflanzt werden kann – islamisch verschönt durch ältere Kochfrau für den Gaumen, junge Dirne für die anderen Freuden (so wie es in China ja auch weiter gerne pragmatisch praktiziert wird, die in doppeltem Sinne unantastbare Alte für Herd und Erziehung, die heimliche Geliebte für des Mannes heiliges U-A). Die Einsamkeit kann man wirklich als Problem sehen, und auch mit dem Kommunengedanken scheint sie mir erst auflösbar, wenn die körperlichen Bedürfnisse von Dannen gezogen sind, dieses zugegebenermaßen ernste Dilemma also in Ermangelung einer Lösung einmal kurz außenvor gelassen. Wenn man also nicht der Egoschiene der Selbsterhaltung frönt (bitte nicht missverstehen, nichts gegen Familien), wenn man, vielleicht könnte man es auch so sagen, humanistisch denkt, gesamtgesellschaftlich für die Menschheit an sich, nicht für diese Idee der Staatengemeinschaften, nicht für ein Wir brauchen Stoff für unsere Kämpfe, seien sie nun militärischer oder wirtschaftlicher Art, nicht für Machtansprüche jeglichen Couleurs – ist dann nicht eigentlich Konsens, dass geringere Fortpflanzung besser wäre? Houellebecq zieht mir im letzten Kapitel feist einen Strich durch die Rechnung. Seine natürliche Auslese soll durch Intelligenz bestritten werden, den Intelligenten und denen mit Geld, die ebenfalls ein Quentchen Intelligenz bewiesen haben müssen, um an Geld gekommen zu sein, denen sollen bis zu vier Frauen verabreicht werden, damit den armen Schröpfen nur, vermute ich, so wenige Damen übrig bleiben, dass sie ihren Mittelmaßproduktionsbestand aufrecht erhalten können – wobei ich mir nicht sicher bin, ob dabei ebenfalls geringere Fortpflanzung Ziel ist, vermutlich nicht, also steht mein Punkt doch noch? Und ist das jetzt schon wieder viel zu naiv, worauf der dicke Mann Anfang vierzig mit kleinem Pimmel lacht? Öhm, sorry.
Eine Veränderung scheint anzustehen, es beginnt zu brodeln. Zuvor die Jahre kam mir der alte Kontinent als im Stillstand begriffen vor, ich hatte die allgemeine Verfassung als ein Ausharren, einen Wartezustand, bevor etwas Neues passiert, wahrgenommen. Und bin nun äußerst gespannt, wo es hingeht.
Drei größere Tendenzen sind mir in der Kunst über den Weg gelaufen als ich vor allem in Hamburg und Berlin, aber auch in Düsseldorf und Köln in Galerien unterwegs war. In Lissabon war ich auch und habe von dort neben den wundervollen Farben der Stadt in, wie mein Vater es nennt, morbidem Charme, einige Skurrilitäten mitgenommen, aber abgesehen vom nicht unberechtigten, Marionetten ziehenden Schimpf auf Merkel in den Graffitis aalt man sich doch eher in einstiger Größe der Weltmeerherrschaft, hach und stimmt ein Fado an. Zurück also nach Deutschland.
Tendenz 1: Die Landkarte. Vor zwei Jahren stießen mein Ingenieursbruder und ich auf die Peters Projection-Karte (tsss, ohne VPN kommt man in China nicht auf die Petersmap-Seite), die unserem westlichen, noch immer kolonial geprägten Weltverständnis (und scheinbar auch dem der chinesischen Internetpolizei) mit Flächentreue begegnet. Nord- und Südachse werden geradegerückt, die Dritteweltländer am Äquator landen in der Mitte und wir schrumpfen auf unser korrektes Größenverhältnis, so ungefähr jedenfalls meinem geografischen Laienverständnis nach. Und ähnliche Ansätze, zumindest ein Auseinandersetzen mit wörtlich zu nehmender Befindlichkeit, sieht man jetzt immer wieder zwischendurch.
Nanne Meyer: Innenseiter. Frankreich. 2012.
Ricarda Mieth: Rica Reich, Plan C, M 10:25. O. J.
In diesem, im weiteren Zusammenhang ist sicherlich auch das Thema Anthropozän spannend.
Tendenz 2: Poesie. Fragil und leicht sind unter etlichen Werken in Zeichnung und Fotografie kleine poetische Zeilen zu finden.
"Heute gibt es keine / Sterne der Himmel ist / bewölkt ich schau / morgen wieder". Serie, 2014. Produzentengalerie: Annika Kahrs.
"Arise violence from the whiteness / with a great drunken wing beat". Aus Jen Liu: The Machinist's Lament. Filmstill 2014. Gesehen im Berlinale Forum Expanded (oh, das Forum war so gut).
Walter Dahn: Surf Surf Surf. 2014.
Ok, dies habe ich natürlich vor allem wegen meiner Zäune aufgenommen und ist eigentlich nicht ganz das, was ich hier meine.
Diese Poesietendenz meine ich nicht unbedingt politisch, vor allem aber nicht laut. Eher als sich um den ganz individuellen Dunstkreis summselnde Selbstgenügsamkeit, sacht, leicht verträumt unbeschwert, mit ein wenig Selbstironie, denn so ganz romantisch arglos gehts ja nun heute doch nicht mehr – wobei es, dieses Dahinter-Es, andererseits aber auch nicht mehr ausschließlich als Kitsch abgetan werden muss.
Tendenz 3: In Stein gemeißelt. Vielleicht bin ich auch nur seit einer Weile neben dem Zweidimensionalen offen gegenüber Skulpturen und sehe sie überhaupt deshalb erst. Dennoch kommt es mir so vor, als würde es gewichtiger – und damit ganz gegensätzlich der gerade beschriebenen Zerbrechlichkeit. Es hat etwas Archaisches, scheint einerseits auf Ursprung aus, mehr noch andererseits auf Beständigkeit, wenn nicht gar auf Ewigkeit, auf eine Hinterlassenschaft, die die Jahrtausende überdauern kann. Dies klingt ziemlich geltungsbedürftig, vielleicht ist es das auch, aber wenn man bedenkt, dass unser westliches Gesellschaftsmodell möglicherweise, möglicherweise sogar hoffentlich einer radikalen Änderung entgegensieht, macht es Sinn.
Neben anderen scheint mir die Gruppenausstellung "Cluj Connection 3D" rumänischer Künstler in der Galerie Nolan Judin besonders bezeichnend:
Vlad Olariu: Constantinople. 2013.
Radu Cioca: Becoming Object 3. 2013.
Mihuț Boșcu Kafchin: Steps to Geometric Divination. 2015.
All diese Tendenzen schreibe ich einem Bedürfnis nach dem Ende des Wartezustandes zu, ob gen Umdenken, Leichtigkeit oder rückbesinnende Ewigkeit, scheint es mir ein Bedürfnis nach möglichem Federlassen und Aufschwingen. Was auch immer für Stürme anstehen mögen.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Reise 专程, Gegenwart 当代, Politik 政治, Ausstellung 展览, Vögel 鸟, Häufig gelesen 频看
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 18. März 2015
Residenzprogramme für Fotografie und Literatur, Beijing 2015
youjia, 16:30h
Bewerbungen laufen noch bis 31-März, s. HIER.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ankündigung 通知, Fotografie 摄影, Literatur 文学
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ankündigung 通知, Fotografie 摄影, Literatur 文学
... link (0 Kommentare) ... comment
Sonntag, 15. März 2015
Film project by Sam Voutas
youjia, 14:36h
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 2. März 2015
Smog in China: Chai Jings viraler Aufruf
youjia, 09:40h
Vorgestern setzte sie es online, gestern ging es viral, heute haben es bereits über 21 Millionen Menschen gesehen. Der Ausgangspunkt um ihre Tochter ist ziemlich Tränendrüse, aber das muss es wohl auch, damit es zieht. Der Himmel ist wieder gut in Blau über unserer wunderbaren Stadt, die nächsten, irgendwelche Konferenzen stehen an. Chai Jing hat über Jahre hinweg recherchiert, liefert Fakten, zeigt Statistiken, Videos und erklärt sie. Außerdem klagt sie an, die Regierung, die Organisationsstrukturen, die Wirtschaft, aber auch jeden einzelnen von uns – und sie liefert Beispiele, was jeder einzelne tun kann.
Chai Jings Smog-Recherche: 柴静雾霾调查 (Video: 103 Minuten, Chinesisch).
Hier eine Zusammenfassung auf Englisch: What’s behind China’s pollution?
Heute kam dann: Chai Jing berichtet von Chinas Himmel, ich berichte von Chinas Meeren 柴静告诉你中国的天空,我告诉你中国的海底.
Update vom 4.3.: Der Umschwung, so Lauren, von alter Kohle zu neuer Energie kann vollzogen und beschlossen, das Paket geschnürt werden.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Beijing 北京, Gegenwart 当代, Politik 政治
Chai Jings Smog-Recherche: 柴静雾霾调查 (Video: 103 Minuten, Chinesisch).
Hier eine Zusammenfassung auf Englisch: What’s behind China’s pollution?
Heute kam dann: Chai Jing berichtet von Chinas Himmel, ich berichte von Chinas Meeren 柴静告诉你中国的天空,我告诉你中国的海底.
Update vom 4.3.: Der Umschwung, so Lauren, von alter Kohle zu neuer Energie kann vollzogen und beschlossen, das Paket geschnürt werden.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Beijing 北京, Gegenwart 当代, Politik 政治
... link (0 Kommentare) ... comment
Freitag, 30. Januar 2015
Hamburg, Januar 2015
youjia, 21:46h
Zunächst in den Galerien auf der Fleetinsel …
Produzentengalerie: Annika Kahrs, –24-Jan-2015.
solid surface, with hills, valleys, craters and other topographic features, primarily made of ice. Filmstill, 2014.
Ebd.
Noch im Aufbau gab es Ulla von Brandenburg: Zuvor wie vorher, 30-Jan–14-März-2015:
Links: Schauspieler. 2015.
Tanz 1 und 2. 2015.
Galerie Mathias Güntner: Joachim Grommek kick down beach babyface, verlängert bis Jan-2015.
Lack auf Spanplatte, –2013.
O. A.
O. A.
O. A., Detail.
xpon-art gallery: Zugzwang, 24–25-Jan-2015.
Regie. 2015.
Wow 123. 2015.
Tese. 2015.
Rage. 2015.
Tolle Galerie, wunderbare Kacheln, großartig heruntergekommenes Kellergewölbe. Piece auf Fotoleinwanddruck in Galerie. Witzig … und im Völkerkundemuseum hing gerade Daim.
Dann, natürlich, Secret Signs in der Sammlung Falckenberg. Hier eine Auswahl (man vergebe mir das Auslassen der chinesischen Namen und Titel, ich hatte keine Lust, sie nachträglich herauszusuchen), chronologisch nach den Räumlichkeiten von unten nach oben die alten Bekannten, hat mich jetzt nicht vom Hocker gerissen:
Feng Mengbo: GB2313-80. 2014.
Yang Xinguang: Line. 2012.
Das hier mit aufgenommen wegen seiner Platzierung in gemeinsamem Rot:
Chen Guangwu: Selected Works of Mao Zedong. 2008.
Xu Bing: Book From the Sky. 1989.
Feng Mengbo: Wrong Code Shanshui XL No. 1. 2007.
Ebd., Detail.
Feng Mengbo: Not Too Late. 2010.
Xu Bing: Himalaya Drawing. Detail, 2000.
Tsang Kin-Wah: Second Seal – Every Being That Opposes Progress Should Be Food For You. Detail, 2009.
Dong Xiaoming: Thoughts While Reading Books. 2008.
Xu Bing: Where Does the Dust Itself Collect? Detail, 2004.
Jin Jiangbo: Poetic Writing For Nature. Detail, 2013
Zhang Huan: Family Tree. 2000.
Jia: O. T. (from the series The Chinese Version). 2013.
Ebd.: O. T. (from the series The Chinese Version). 2012.
--
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ausstellung 展览, Gegenwart 当代, Reise 专程, Unterwegs 路上, Vögel 鸟
... link (0 Kommentare) ... comment
Mittwoch, 21. Januar 2015
Düsseldorf und Köln, Januar 2015
youjia, 21:56h
Düsseldorf 杜塞尔多夫
Im Zuge von Out of the Fence war ich in Düsseldorf und hatte zwischen Ausstellungsaufbau und Eröffnung immer wieder kurz ein paar Minuten, um die Augen offenzuhalten.
Ein bisschen Mini-Hamburg gabs.
Winter in Deutschland sind herrlich, diese Farben, kühl und distanziert, unprätentiös und unaufdringlich. Wenn man dann durchs Land unterwegs ist, all das angedeutete Braun und Gelb in Grau mit leichten Schattierungen von Grün, hach, diese Wälder und Felder. Und hier schreien alle nach Sommer und weinen, kaum je einen zu haben – wohnt mal eine Weile in Beijing …
Für viel blieb nicht Zeit, aber ins K21 bin ich kurz gesprungen. Es gab Tomás Saraceno: In Orbit, was mir allerdings nach Antony Gormley in den Deichtorhallen im August 2012 eher wie interaktive Eventhascherei vorgekommen ist.
Tomás Saraceno: Canis Major Dwarf Anelosimus eximius. 2013.
Jetzt schnell kommentarlos durch die Flure:
Thomas Struth: Audience 11. 2004.
Georg Herold: O. T. 1989.
Ebd.: Mon Dieu. 2009.
Ebd.: Silent Revolution. 1989.
Matthias Bitzer. Der Zerfall der Eigenschaften (The Collapse of Features). 2014.
Ebd.
Ebd.
Text: A crack in a wall in a room in a house in a field in a landscape in a world in a space
Richard Serra: Out-of-Rounds XIX. 1999.
Ebd. Detail.
Ebd.: The New York Times Manufactures Censorship. 1989.
Hans-Peter Feldmann: Lichtrechteck(?) 2014(?)
Katharina Fritsch: 2. Zeitungsillustrationen "Ein schrecklicher Sturz" (Newspaper Illustration 2 "A Terrible Fall"). 2006.
Ebd.: 1. Zeitungsillustrationen "Auffindung eines Leichnams eines weiblichen Passagiers in dem Salon des auf dem Vierwaldstätter See gescheiterten Dampfschiffes Brüning" (Newspaper Illustration 1 "Finding the Corpse of a Female Passenger in the Salon of the Steamship Brüning Wrecked on Lake Lucerne"). 2007, Detail.
Ebd.: 4. Zeitungsillustrationen "Szene im Schlangenkäfig des zoologischen Gartens zu London: Herausziehen einer bereits verschlungenen Boa aus dem Rachen einer Pythonschlange" (Newspaper Illustration 4 "Scene from the London Zoo: Pulling an Already Swallowed Boa from the Mouth of a Python"). 2008.
Ebd.: Mönch (Monk). 1997–99.
Dann natürlich die Bechers, hier: Wassertürme (Water Towers), 1999.
Nam June Paik: TV-Garden. 1974–77/ 2002.
Imi Knoebel: Genter Raum. 1979–80.
Und raus und weiter …
Nachts die erleuchteten Bänke irgendwo im Vorbeifahren (mit Dank an Daniel für den Fingerzeig) neben einem mächtig rabiat an einen Kirchenturm skulpturierten Jesus, der es nicht vor die Linse geschafft hat.
Am Samstag darauf, am 17-Jan, habe ich dann die Galerien in der Nähe, die Galerien Flingern besucht, von denen ebenfalls einige am Tag zuvor mit neuen Sichten eröffnet hatten. Hier eine kleine Auswahl der Arbeiten, die mir gefielen, chronologisch nach meinem Zickzacklauf.
Galerie Kadel Willborn
Vlassis Caniaris: Space in Space. 1960.
Ebd.: Zeuge. 1980.
Benedikt Hipp: einig im Bestand. 2010.
Petra Rinck Galerie:
Nadine Städler: Touch Sun Such Fun. 2014(?)
Schönewald Fine Arts
Hedwig Eberle: O. T. 2014.
Ebd.
Ebd.
Lutz Braun: Vacancy. O. A.
Georg Fuchssteiner: Lichtung. 2014.
Matthias Dornfeld: Blumenstrauß. 2012.
Galerie Conrads
Anna Vogel: Strategien für Trabanten. 2014.
Ebd.
Ebd.
Galerie Linn Lühn
Alexander Bornschein: O. T. (use no hooks). 2015.
Ebd.: O. T. 2015.
Galerie Max Mayer
Asier Mendizabal: O. T. (Illustrated). 2014.
Details:
Soweit, nun bereiten sich alle vor auf das Photo Weekend vom 30-Jan bis 1-Feb-2015.
Köln 科隆
Und dann, schon einmal in der Nähe, gab es noch einen kleinen Abstecher über Köln. Dort hat mich Martin wunderbar herumgeführt, ich durfte ein paar Bekannte wiedersehen und ein paar neue, besonders die tolle Nicola Richter, kennenlernen.
Zunächst waren wir abends im Galerienhaus An der Schanz:
Galerie Hammelehle und Ahrens
Leider ohne Namen und Werkliste, schien aus dem Bestand heraus:
Krupic Kersting Galerie
Irma Markulin: O. A.
Ebd.: Ansicht von hinten.
Ebd.: Siegerinnen. O. A.
Ebd.
Ebd.: Absturz. 2014.
Galerie Berthold Pott
Michiel Ceulers: O. A.
Dean Levin: O. A.
Samuel Francois: because sunrise is yellow. 2015.
Nathlie Provosty: O. A.
Am Tag darauf ging es in die Südstadt. Dies nun hervorgehoben markiert, weil es wirklich gut war. Ist!, läuft noch bis 18-April-2015. Wer in Köln ist, sehr sehenswert:
Bettina Flitner: Face to Face
In der Michael Horbach Stiftung.
Das Konzept ist einfach. So einfach, dass man erst einmal drauf kommen muss: Porträts mit Statements.
Aus der Serie: Mein Denkmal. 1996.
"Mein Name ist Margarete Schulze. Ich möchte ein Denkmal dafür, daß ich so viel durch hab'. In Zwickau in der Milchbar gearbeitet. 500 Mark im Monat und sechs Kinder. Mein Erster ist im Krieg gefallen. Mein Zweiter – immer zuhause – herzkrank. Mein Jetziger hat es am Rücken, nur Sitzen und Liegen geht. Aber ich, ich kann steppen."
Aus der Serie: Mein Herz. 1994.
"Mein Herz? Das kann ich gar nicht mehr zählen, wie oft ich das verloren habe. Heinz hat sich nach 15 Jahren in Bad Driburg 'nen Kurschatten angelacht. Ismail war verheiratet und ist in die Türkei zurück. Klaus kam aus dem Knast, fing an zu trinken und ist an 'ner Gehirnblutung gestorben. Der wär's vielleicht gewesen …"
"Am Anfang will ich immer die Macht behalten. Und dann kriege ich Angst. Wie bei David, der war Punk und hat getrunken. Das hat mich so an meine Mutter erinnert. Ich will denjenigen dann immer so an mich ketten. Vielleicht weil ich auch schon meine Eltern verloren habe … Lange bevor ich von zuhause weggelaufen bin."
Aus der Serie: Mein Feind. 1992.
Ein Studio, ein Arsenal an Theaterrequisiten, die Frage Was würdest du mit wem tun, wenn keine Strafe drohte. Die Serie wurde auf lebensgroßen Tafeln in der Kölner Fußgängerzone ausgestellt. Die Reaktionen mit teils entstandenem Tumult und erhitzten Diskussionen kann man sich in einer Doku vom WDR ansehen.
Links: "Mein Feind ist einer von der Schule, auch Türke. Der zieht mir immer das Kopftuch runter. Ich würde dem gerne vor der Schule den Kopf abhacken. Auf dem Schulhof wäre schlecht, da stehen die Lehrer rum."
Rechts: "Mein Feind ist eine Person. Ich kenne ihn mein Leben lang. Er hat mich nie anders behandelt als mit Verachtung. Aber ich könnte nie eine Waffe nehmen, das geht bei mir alles so nach innen. Jetzt ist er 93, wenn er tot ist, in ich froh."
Aus der Serie: Ich bin stolz, ein Rechter zu sein. 2001.
Mehr Fotografie und auch ein Interview mit Bettina Flitner (S. 42) gibt es in Damian Zimmermanns gratis und online betretbarem Magazin L. Fritz
Zum Kontrast waren wir dann abends noch auf dem Vor-Möbeldesignmessen-Preisvergabe-Hype. Der Champagner stieg schnell zu Kopfe und entsprechend hatte ich meinen Spaß.
Den Entwurf hier fand ich gut:
Michele De Lucchi. 2010.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ausstellung 展览, Gegenwart 当代, Reise 专程, Unterwegs 路上
Im Zuge von Out of the Fence war ich in Düsseldorf und hatte zwischen Ausstellungsaufbau und Eröffnung immer wieder kurz ein paar Minuten, um die Augen offenzuhalten.
Ein bisschen Mini-Hamburg gabs.
Winter in Deutschland sind herrlich, diese Farben, kühl und distanziert, unprätentiös und unaufdringlich. Wenn man dann durchs Land unterwegs ist, all das angedeutete Braun und Gelb in Grau mit leichten Schattierungen von Grün, hach, diese Wälder und Felder. Und hier schreien alle nach Sommer und weinen, kaum je einen zu haben – wohnt mal eine Weile in Beijing …
Für viel blieb nicht Zeit, aber ins K21 bin ich kurz gesprungen. Es gab Tomás Saraceno: In Orbit, was mir allerdings nach Antony Gormley in den Deichtorhallen im August 2012 eher wie interaktive Eventhascherei vorgekommen ist.
Tomás Saraceno: Canis Major Dwarf Anelosimus eximius. 2013.
Jetzt schnell kommentarlos durch die Flure:
Thomas Struth: Audience 11. 2004.
Georg Herold: O. T. 1989.
Ebd.: Mon Dieu. 2009.
Ebd.: Silent Revolution. 1989.
Matthias Bitzer. Der Zerfall der Eigenschaften (The Collapse of Features). 2014.
Ebd.
Ebd.
Text: A crack in a wall in a room in a house in a field in a landscape in a world in a space
Richard Serra: Out-of-Rounds XIX. 1999.
Ebd. Detail.
Ebd.: The New York Times Manufactures Censorship. 1989.
Hans-Peter Feldmann: Lichtrechteck(?) 2014(?)
Katharina Fritsch: 2. Zeitungsillustrationen "Ein schrecklicher Sturz" (Newspaper Illustration 2 "A Terrible Fall"). 2006.
Ebd.: 1. Zeitungsillustrationen "Auffindung eines Leichnams eines weiblichen Passagiers in dem Salon des auf dem Vierwaldstätter See gescheiterten Dampfschiffes Brüning" (Newspaper Illustration 1 "Finding the Corpse of a Female Passenger in the Salon of the Steamship Brüning Wrecked on Lake Lucerne"). 2007, Detail.
Ebd.: 4. Zeitungsillustrationen "Szene im Schlangenkäfig des zoologischen Gartens zu London: Herausziehen einer bereits verschlungenen Boa aus dem Rachen einer Pythonschlange" (Newspaper Illustration 4 "Scene from the London Zoo: Pulling an Already Swallowed Boa from the Mouth of a Python"). 2008.
Ebd.: Mönch (Monk). 1997–99.
Dann natürlich die Bechers, hier: Wassertürme (Water Towers), 1999.
Nam June Paik: TV-Garden. 1974–77/ 2002.
Imi Knoebel: Genter Raum. 1979–80.
Und raus und weiter …
Nachts die erleuchteten Bänke irgendwo im Vorbeifahren (mit Dank an Daniel für den Fingerzeig) neben einem mächtig rabiat an einen Kirchenturm skulpturierten Jesus, der es nicht vor die Linse geschafft hat.
Am Samstag darauf, am 17-Jan, habe ich dann die Galerien in der Nähe, die Galerien Flingern besucht, von denen ebenfalls einige am Tag zuvor mit neuen Sichten eröffnet hatten. Hier eine kleine Auswahl der Arbeiten, die mir gefielen, chronologisch nach meinem Zickzacklauf.
Galerie Kadel Willborn
Vlassis Caniaris: Space in Space. 1960.
Ebd.: Zeuge. 1980.
Benedikt Hipp: einig im Bestand. 2010.
Petra Rinck Galerie:
Nadine Städler: Touch Sun Such Fun. 2014(?)
Schönewald Fine Arts
Hedwig Eberle: O. T. 2014.
Ebd.
Ebd.
Lutz Braun: Vacancy. O. A.
Georg Fuchssteiner: Lichtung. 2014.
Matthias Dornfeld: Blumenstrauß. 2012.
Galerie Conrads
Anna Vogel: Strategien für Trabanten. 2014.
Ebd.
Ebd.
Galerie Linn Lühn
Alexander Bornschein: O. T. (use no hooks). 2015.
Ebd.: O. T. 2015.
Galerie Max Mayer
Asier Mendizabal: O. T. (Illustrated). 2014.
Details:
Soweit, nun bereiten sich alle vor auf das Photo Weekend vom 30-Jan bis 1-Feb-2015.
Köln 科隆
Und dann, schon einmal in der Nähe, gab es noch einen kleinen Abstecher über Köln. Dort hat mich Martin wunderbar herumgeführt, ich durfte ein paar Bekannte wiedersehen und ein paar neue, besonders die tolle Nicola Richter, kennenlernen.
Zunächst waren wir abends im Galerienhaus An der Schanz:
Galerie Hammelehle und Ahrens
Leider ohne Namen und Werkliste, schien aus dem Bestand heraus:
Krupic Kersting Galerie
Irma Markulin: O. A.
Ebd.: Ansicht von hinten.
Ebd.: Siegerinnen. O. A.
Ebd.
Ebd.: Absturz. 2014.
Galerie Berthold Pott
Michiel Ceulers: O. A.
Dean Levin: O. A.
Samuel Francois: because sunrise is yellow. 2015.
Nathlie Provosty: O. A.
Am Tag darauf ging es in die Südstadt. Dies nun hervorgehoben markiert, weil es wirklich gut war. Ist!, läuft noch bis 18-April-2015. Wer in Köln ist, sehr sehenswert:
Bettina Flitner: Face to Face
In der Michael Horbach Stiftung.
Das Konzept ist einfach. So einfach, dass man erst einmal drauf kommen muss: Porträts mit Statements.
Aus der Serie: Mein Denkmal. 1996.
"Mein Name ist Margarete Schulze. Ich möchte ein Denkmal dafür, daß ich so viel durch hab'. In Zwickau in der Milchbar gearbeitet. 500 Mark im Monat und sechs Kinder. Mein Erster ist im Krieg gefallen. Mein Zweiter – immer zuhause – herzkrank. Mein Jetziger hat es am Rücken, nur Sitzen und Liegen geht. Aber ich, ich kann steppen."
Aus der Serie: Mein Herz. 1994.
"Mein Herz? Das kann ich gar nicht mehr zählen, wie oft ich das verloren habe. Heinz hat sich nach 15 Jahren in Bad Driburg 'nen Kurschatten angelacht. Ismail war verheiratet und ist in die Türkei zurück. Klaus kam aus dem Knast, fing an zu trinken und ist an 'ner Gehirnblutung gestorben. Der wär's vielleicht gewesen …"
"Am Anfang will ich immer die Macht behalten. Und dann kriege ich Angst. Wie bei David, der war Punk und hat getrunken. Das hat mich so an meine Mutter erinnert. Ich will denjenigen dann immer so an mich ketten. Vielleicht weil ich auch schon meine Eltern verloren habe … Lange bevor ich von zuhause weggelaufen bin."
Aus der Serie: Mein Feind. 1992.
Ein Studio, ein Arsenal an Theaterrequisiten, die Frage Was würdest du mit wem tun, wenn keine Strafe drohte. Die Serie wurde auf lebensgroßen Tafeln in der Kölner Fußgängerzone ausgestellt. Die Reaktionen mit teils entstandenem Tumult und erhitzten Diskussionen kann man sich in einer Doku vom WDR ansehen.
Links: "Mein Feind ist einer von der Schule, auch Türke. Der zieht mir immer das Kopftuch runter. Ich würde dem gerne vor der Schule den Kopf abhacken. Auf dem Schulhof wäre schlecht, da stehen die Lehrer rum."
Rechts: "Mein Feind ist eine Person. Ich kenne ihn mein Leben lang. Er hat mich nie anders behandelt als mit Verachtung. Aber ich könnte nie eine Waffe nehmen, das geht bei mir alles so nach innen. Jetzt ist er 93, wenn er tot ist, in ich froh."
Aus der Serie: Ich bin stolz, ein Rechter zu sein. 2001.
Mehr Fotografie und auch ein Interview mit Bettina Flitner (S. 42) gibt es in Damian Zimmermanns gratis und online betretbarem Magazin L. Fritz
Zum Kontrast waren wir dann abends noch auf dem Vor-Möbeldesignmessen-Preisvergabe-Hype. Der Champagner stieg schnell zu Kopfe und entsprechend hatte ich meinen Spaß.
Den Entwurf hier fand ich gut:
Michele De Lucchi. 2010.
Tags für diesen Beitrag 这本文章的标签: Ausstellung 展览, Gegenwart 当代, Reise 专程, Unterwegs 路上
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories