Freitag, 26. April 2013
Shanghai im April 2013
Automesse in SH 2013 als Anlass eines Besuches.



Mit offenem Mund stehe ich in diesem Jahr ein zweites Mal der Automobilindustrie gegenüber, deren Akteure sich und ihren Kunden eine enorme Illusionsblase bilden. Ihre Konsumwelt ist allein dazu bestimmt, den eigenen Mist weiter und weiter am Laufen zu halten. Es geht, habe ich zur Automesse in BJ 2012 schon geschrieben, ausschließlich um Geld – und dafür werden ausschließlich Klischees bedient. Dieses Mal in der Halle der Exklusivkarren (Lambo, Bentley, Bugatti, Porsche usw. und die ganzen Pimper) besonders extrem. Ein gutes Beispiel sind die Models, und bevor ich messenweitgereisten Montageleiter Frank hierzu von den Unterschieden wiedergebe, die meisten Infos stammen von ihm und Projektleiter Kai, mit bestem Dank für die Erklärungen, sei kurz eingeführt, dass es 6 weltweit wichtige A-Messen gibt, dazu Bs und Cs, aber A halt mit #1-Status, einzelne Standorte sehen die Gewichtigkeit der 6 ein bisschen anders, aber einig ist man sich, dass es sich um Genf, Paris und Frankfurt (jährlich wechselnd), Tokyo, Detroit sowie BJ und SH (ebenfalls im jährlichen Wechsel, wobei diese für China als ein Ort zählen) handelt. Interessant auch, dass China vor etwa zehn Jahren Tokyo als A-Messe abgelöst hat und nun einzige A-Messe in ganz Asien ist. 2013 in Shanghai und hier Franks Stichworte zu den Models in allen As als Paradebeispiel der Klischeebedienung: in Beijing und Shanghai russisch ostblockmäßig mit Fellen, Glitter und Gardinen; in Tokyo mit Plastik und Miniröcken; in Detroit toupiert; in Genf soll alles vertreten sein, das ist wohl die Über-A der A-Automessen und jeder frönt seinem Stereotyp; in Paris alles mit Stil; und in Frankfurt mit Stock hinten drin. Ok, Genf und Paris und auch Tokyo hören sich noch an als würden sie gehen, aber auch das nur auf irgendeiner seltenen Metaebene. Herzlichen Glückwunsch für dieses großartige Leben. Laozhus sehr richtiger Kommentar: da ist die Kunst doch die bessere Wahl. Hat auch Li Zhenhua letzten September schon gesagt. Und der weise Herr Friedrich nennt es gelegentliches Industrieschröpfen.





Dieses Material, Epoxidharz, mit dem gerne Drehscheiben bespachtelt werden, auf denen dann eine Glanzkiste steht, ist allerdings großartig. So wie eigentlich alles an verbautem Material auf diesen Messen großartig ist, auch Blicke in die von deutschen Handwerkern mitgebrachten Gerätekisten sind ein Traum, dazu all diese Klebebänder bester Qualität und was nicht noch für Zeugs. Und dieses Jahr stieß ich das erste Mal auf Epoxidharz. Es handelt sich um einen etwa 2mm3 grobkörnigen Harz, der in Säcken auf der Scheibe als Haufen drapiert wird, ein Arbeiter gießt ein Lösungsmittel dazu, während ein weiterer mit wendendem Spaten die Körnchen zur Paste werden lässt, in den Haufen wabern die Stückchen dann ganz leicht nach unten, das sieht so gut aus. Ist die richtige Konsistenz erreicht, muss man sich nun ein wenig sputen und die ganze Masse gleichmäßig mit Spachteln und Ziehhölzern auf der Scheibe verteilen. Je nach Intensität des Lösungsmittels ist dann alles nach spätestens 24 Stunden steinhart. Das Ganze kann, so habe ich mir sagen lassen, in jeglicher gewünschter Farbe hergestellt werden, bei Bedarf auch in Neongrün. Auf unserem Stand, Bild über diesem Absatz, wars ein Dunkelgrau, die Nachbarn hatten sogar ihren gesamten Stand und nicht nur die Scheibe in Hellgrau bepflastert:



Aufbau:




Hier ein paar wahllose Bilder von Größenwahn:










Ok, das reicht.


Vor und nach der Messe bin ich zwei bzw. vier Tage zu Britta in die Nähe des Jing'an Tempels geschlüpft und habe mich von dort aus viel durch Shanghai treiben lassen. Schön wars, sehr schön sogar, Frühling, gute Luft. War nun seit zwei Jahren nicht mehr in SH, viel hat sich meinem Blick nach nicht geändert, kenne ja aber auch nur die Museen- und Galerieecken, dazu die Expo und den Tourikrams und verlaufe mich jedes Mal in Städten, die nicht wie BJ nach Nordsüd-Achse ausgerichtet und entsprechend überschaubar sind. Die gelegentliche Begleitung von Brittas Nachbarn Ansgar, der mit etlichen Spots beitrug, war entsprechend Gold wert.

Hier ein kleiner Einblick:


Brittas Shikumen, so heißen die Yuanzi hier, britisches Eck.


Ebd. im Zhang Lin-Stil fotografiert.

Als Seesaw findet sich neuerdings in der Yuyuan lu 439, 愚园路439号, ein, so könnte man es nennen, Urban Creative Centre-Phänomen wie es in BJ in alternativer Art und auch mit Kunst statt ausschließlich kreativindustriell im Dashilar erprobt wird, wie es in der Schanze und auf dem(?) Prenzlauer Berg vorstellbar ist. In SH funktionierts, die Geschäftscrew natürlich aus Wenzhou bietet auf 3 Etagen Creative Spaces, dazu alle nötigen Bürofacilities, unten ein Café, oben eine enorme Dachterrasse, auf der auch angepflanzt wird – nicht so trendmerkwürdig wie es sich von hier aus China über Berlin anhört, sondern schon ok. Der beste Kaffee in der Jing'an-Ecke, davor ein Restaurant mit frischen Brötchen zum Mitnehmen. Kann man machen.







Und hier nun ein bisschen wild durch die Gegend:


Treppenhaus in der Galerie James Cohan.

上海,跟你一起玩儿得愉快!Hat Spaß gemacht bei dir, Shanghai.
Shanghai, gen ni yiqi wan de yukuai, muss man für Shanghaier Ausländer auf Pinyin dazuschreiben.









Zum Abschluss ein kleiner Teaser aus einem Skulpturenpark. All den Kunstkram, den ich mir so angesehen habe, behalte ich mir noch eine Weile vor. Im Mai gebe ich eine Kunstreise und schreibe danach wieder einen Immersion Guide wie 2010 für BJ und SH (sorry, letzter doppelt verlinkt, oben passt er so gut und hier gehört er eigentlich hin).



Mit Gruß zurück aus der BXJ.



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