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Dienstag, 9. Juli 2019
Kunstsommer 2019: Venedig ∣ 2019年艺术之夏:威尼斯双展
youjia, 18:08h
Fondamenta S. Maria Formosa.
Im Zuge meiner 111 Orte in Beijing stieß ich auf Hugh Honours: Venedig. München u. a.: Prestel 1966, 6. überarbeitete Auflage 2000 (Original: The Companion Guide to Venice. 1965). Ist man nicht gleich anders berührt, wenn jemand etwas „erschütternd schön“ findet oder das Aussehen einer Stadt durch den Lichteinfall als „krebsschalenartiges, brüchiges und zerbrechliches“ beschreibt? Im Gegensatz zu meinem Ansatz, stellt er gleich im ersten Satz in seiner Einleitung klar, sein Buch sei „nicht für den Lehnstuhl-Reisenden“. Im Unterschied zu Beijing kann man Venedig allerdings auch mit einem über 50 Jahre alten Reiseführer besuchen. Ein paar Plätze haben inzwischen andere Namen erhalten, man trinkt heute überall Spritz Aperol statt Wasser mit einem Schuss Anisetta Meletti – der Kauf dieses mittlerweile unbekannten Anisschnapses blieb mir ebenso verwehrt wie das Erstehen einer kleinen Reproduktion einer der vielen bizarren Groteskköpfe, zu der ich mich von Senior Honour angestachelt fühlte. So war ich auf meisterlichen Spuren unterwegs, um mich neben der Biennale mit einem alten Kunsthistoriker durch die Gassen treiben zu lassen. Google Maps kam den ständigen Windungen sowieso kaum hinterher.
Daher kommt es, dass man gelegentlich auf einer Brücke steht und in die Gegend schaut. Einmal sprach mich ein Mann in Blaumann an, buongiorno, Marco Polo ranta di undirgendwieweiter. Ahja, sagte ich, Marco Polo, und begriff nichts. Wiewohl mich der Chinaerfinder selbstverständlich interessiert. Opera house verstand ich dann doch mit Blick auf das Schild an der Fassade und dass der Typ Feuerwehrmann des Hauses war. Kann man sich so etwas entgehen lassen? Durch dunkle Gänge ging es in eine Halle, aus dem Schummern knipste er das Licht an. Was ein Saal, welch Deckenbemalung, benne oder bella konnte ich nicht richtig deklinieren, durfte ein Foto machen, verpfuschte es grandios und starrte die großartige Decke an. Zum Gang in den Backstagebereich ließ ich mich dann aber doch nicht überreden, bedankte und verdrückte mich.
Die von den Balkonen flatternden „NØ“s der Stadt richten sich gegen die Kreuzfahrtschiffe.
Die wahrlich überdimensioniert vereinnahmend wirken, wenn man ihnen dann begegnet.
Aber auch politische Aussagen folgender Art, siehe meinen kurzen Rant unten, sind großartig:
(Text: „Ceci n’est pas une Asshole.“)
58. Biennale Venedig 2019: May You Live In Interesting Times, 11.5.–24.11.2019
Der Titel des Kurators Ralph Rugoff soll ein chinesischer Fluch sein oder gewesen sein, jemanden also damit verwünschen, nicht in Harmonie und Frieden, sondern in aufwühlenden Zeiten zu leben. Das kann ich gut glauben, aber auf Nachfragen leider nicht bestätigen. Den Titel finde ich so oder so ziemlich gut, seine mögliche Fiktionalität (Biennale-Katalog: Vorwort Rugoff, S. 22) ebenso passend. Und allen Unkenrufe zum Trotz hat mir diese Biennale sehr gefallen.
Mit einer Einschränkung: Obwohl ich prinzipiell sehr für politischen Inhalt in der Kunst bin, hat er mich auf dieser Biennale nicht überzeugt. Ein verunglücktes Flüchtlingsboot an Land zu hieven (Christoph Büchel: Barca Nostra) oder drei Millionen vergangener Begriffe aufzuschreiben (Neuseeländischer Pavillon), mag verstörend gemeint oder ästhetisch schön sein, und auch Mahnmahl oder Archiv können zu Kunst werden, aber hier bleiben sie für mich im Ansatz stecken. Sie wirken wie die Vorarbeit zu etwas, das noch kommen muss. Es gibt noch andere Beispiele, so durchlaufe ich ungern eine Geschichtsstunde, bevor ich mir etwas ansehe – wenn mich etwas fesselt, dann beschäftige ich mich im Anschluss gerne näher damit. Auch – und ich bin mir nicht sicher, ob man das politisch korrekt sagen darf – kamen mir einige Präsentationen der afrikanischen Künstler wie die Werbekampagnen von Benetton in den 1990ern vor, als würde es reichen, andere als weiße Hautfarben zur Integration aufzunehmen.
Was mich wirklich überrascht hat, waren viele der Videoarbeiten. Häufig kann ich es in Museen oder Galerien kaum eine Minute bei ihnen aushalten, denke mich regelmäßig wegen meiner Ungeduld schelten zu müssen und kann doch nicht anders als hinaus. Oder ich schimpfe schon einmal vor mich hin bzw. hier, wenn man mir und dem Publikum etwa auf der Art Basel Unlimited tatsächlich einen 63-Minütler (Larry Bell: Hydrolux, 1986, Hauser & Wirth) zumuten will. Die 94 wunderbaren Minuten von Jon Rafman: Dream Journal, 2019, habe ich mir nicht vollständig angesehen, doch aber eine gute halbe Stunde lang. Auch Hito Steyerl: This is the Future, 2019, hat mich in ihren Bann gezogen, wie erstaunlicherweise fast jedes der ausgewählten Videos von Einzelkünstlern. Mich hat sehr gefreut, dieses Medium wiederentdecken zu dürfen.
Es folgt ein selektiver Rundgang über das Arsenale und das Giardini, zunächst jeweils mit den Propositionen, dann den Pavillons. Im Anschluss einige Pavillons, die über die Stadt verteilt sind. Die Reihenfolge entspricht meinem Gang.
Arsenale
Proposition A
Christian Marclay: 48 War Movies. Filmstill von Einkanal Videoinstallation, Loop, 2019.
Ed Atkins: Food-Porn is no [misnomer.] Filmstill von 9 verschiedenen Sequenzen, 16 Min., 2017–19.
Shilpa Gupta: For, in your tongue, I cannot fit. 2017–18.
Yin Xiuzhen: Trojan. 2016–17. (S. a. BJ: Kunst im Frühjahr 2018, Pace Beijing 佩斯北京.)
Ebd.: Nowhere to Land. 2012.
Stan Douglas: Queue. 2017.
(hinten links) Nabuqi: Destination. 2018.
(vorne rechts) Augustas Serapinas: Chair for the Invigilator (brown). 2019.
Martine Gutierrez: Body En Thrall. 2018.
Carol Bove: Nike III. 2019.
Ebd.: Ariel. 2017. (Sorry, miese Fotoqualität.)
Korakrit Arunanondchai und Alex Gvojic: No history in a room filled with people with funny names 5. Filmstill von 3-Kanal Videoinstallation, 30:44 Min., 2018.
Nicole Eisenman: Econ Prof. 2019.
Ebd.: American Goth. 2018.
Ebd.: The General. 2018.
Sun Yuan & Peng Yu: Dear. 2015. (Leider außer Gefecht gesetzt.)
Hito Steyerl: This is the Future. Filmstill von Videoinstallation, 16 Min., 2019.
(UT: „in this forest science comes to dies / and is reborn as alchemy.“)
Ebd.
(UT: „fiction takes the place of production.“)
Ebd.
(UT: „I go looking for it in many colorful places that look like / the future looked in the 20th century.“)
Camerin Jamie: Smiling Disease. 12 Stück, 2008.
Ebd. (Groteskköpfe.)
Maria Loboda: Lord of Abandoned Success (L’Argile Humide). 2017.
Michael Armitage: The Paradise Edict. 2019.
Gauri Gill: Becoming: (beide) Mumbai. 2012.
Ulrike Müller: Rug (con tacónes). 2018.
Yu Ji: Flesh in Stone … Component 3# (?). 2017.
Liu Wei: Microworld. 2018. (S. a. BJ: Kunst im Frühjahr 2018, Long March Space 长征空间.)
Antoine Catala: The Heart Atrophies: A (+-). 2018–19.
Jon Rafman: Dream Journal 2016–2019. Filmstill von Einkanal Videoinstallation, 94 Min., 2019.
Tarek Atoui: The GROUND: The Spin Library 0.1. 2017.
Zhanna Kadyrova: Market. 2017– ongoing.
Tomás Saraceno: Aero(s)cene: When breath becomes air, when atmospheres become the movement for a post fossil fuel era against carbon-capitalist clouds. 2019. (Eigentlich vor allem gut mit den Luxusyachten im Hintergrund.)
Pavillons
Türkei: Inci Eviner: We, Elsewhere.
Peru: Indios Antropófagos: Christian Bendayán.
Südafrika: The stronger we become: Mawande Ka Zenzile.
(Text: „Come inside and remember to leave your shoes and your mind outside“)
Philippinen: Mark O. Justiniani: Island Weather. (Leider nicht erkennbar, es handelt sich um verspiegelte Schächte mit allerlei Utensilien.)
Ghana: El Anatsui: Earth Shedding its Skin. 2019.
Chile: The Hegemonic Museum: Der Arbeiter Crawall.
Ebd.: Drawing.
Indonesien: Akal Tak, Sekali Datang, Runding Tak und Sekali Tiba: Lost Verses.
(Text: „Isn’t it pretty to think so?“)
Ebd.
(Text: „Perceiving an imaginary visitor“)
Indien: Shakuntala Kulkarni: Of Bodies, Armour and Cages. 2010–12.
Italien: Enrico David, Liliana Moro und Chiara Fumai: Neither Nor: The Challenge to the Labyrinth.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Ebd.
Geweigert habe ich mich, ein Foto von Chen Qis: China Pavilion Artwork: A Place without Whence or Whither – I aufzunehmen, von einem Rondell, bei dem man nach Durchsicht von zehn Regeln in hundertmal genutzte Schuhüberzieher steigen musste, um dann an einer Seite in ein 1m2 großes Loch in der Decke zu starren. Entsprechend genervt ging ich dann hinüber in den chinesischen Pavillon, der mit den typischen Hochglanzporträts der Künstler begann und in dem überall überdimensionale QR-Kodes zum Folgen aufforderten – die dann zu einer App führten, die einen überall in Venedig auf chinesische Spuren und Einflüsse hinweisen wollten. Tatsächlich gab es aber zwei, drei ganz witzige Sachen im Pavillon:
Chen Qi 陈琦: Reflections on Governance from the Imperial Pen 御制资政要览.
Geng Xue 耿雪: The Name of Gold 金色的名.
Giardini
Proposition B
Lara Favaretto: Thinking Head. 2017–19.
Ryoji Ikeda: spectra III. 2008/ 2019.
Zur Warnung vor Ort, „installation with dazzling light“, fällt mir eine Bemerkung von Lichttechniker Tim auf der Automesse im April 2019 in Shanghai ein, bzw. dazu, dass die Stände weißer und heller waren als sonst, sie sollten einen ganz offensichtlich blenden: Bei Lichteinstrahlung adjustiert das menschliche Auge Helligkeit und Dunkelheit für den bestmöglichen Sichteffekt. Heller wird binnen Zehntelsekunden auf Normalmaß gebracht, damit sich Kontraste abzeichnen und man wieder alles sehen kann. Auch wenn sowohl Hell und Dunkel in Über- und Unterbelichtung ihre Grenzen haben, bringt heller generell nicht mehr. Aus der Fotografie kennen wir, dass die Extreme, ganz Weiß 100% und ganz Schwarz 0%, nicht abgebildet werden können, weil sie keine Information enthalten. Bis 99,9 und 0,01 ist alles in Ordnung und wird im Ausdruck abgebildet wie gewünscht. Aber selbst im Ausdruck wird die Sicht wieder von unserem Auge gehandhabt und die Pupille auf den jeweiligen Ertrag der vermutlich sogar persönlichen Empfindlichkeit adjustiert. Bei Handyfotos macht es die Kamera den Einstellungen entsprechend automatisch und dort funktioniert ein Über ebensowenig. Das heißt für die Ausleuchtung eines Messestandes, beim gesamten Stand und den einzelnen Autos: Extreme Helligkeit mit noch mal Hunderten von Lampen mehr hat den gewünschten Blendungseffekt nur für eine kurze Sekunde. Die Physik schließt schlichtweg aus, dass man sich im Dauerfeuer blenden lässt. Man sieht den Stand fast sofort wieder normal – und die Zehntausende von Euros Lichtkosten sind falsch angelegt.
Im Kunstkontext gilt diese physikalische Einsicht natürlich genauso, vor allem in Reproduktion wie hier auf diesem Blog. Allerdings könnte der Unterschied Auto vs. Kunst darin liegen, dass Messen hauptsächlich für Pressefotos veranstaltet werden, während Kunst im Original betrachtet doch immer noch das eigentliche Erlebnis bietet. Und der Eintritt in einen überstrahlten Raum schmerzt körperlich, wenn auch nur für den Bruchteil eines Moments.
Nicole Eisenman: Achilles Heel. 2014.
Ebd.: Going Down River on the USS J-Bone of an Ass. 2017.
Ebd.: Morning Studio. 2016.
Jean-Luc Moulène: Masque (Marc Gilbert). 2017.
Cameron Jamie: Untitled. 2014–15.
Sun Yuan & Peng Yu: Can’t Help Myself. 2016.
Teresa Margolles: Muro Cuidad Juárez. 2010.
Yu Ji: Flesh in Stone #2. 2013.
Ebd.: Flesh in Stone – Component 5#. 2018.
Danh Vo: Suum cuique. 2019.
Jon Rafman: Disaster Unter The Sun. Filmstill von Monokanal HD-Video, 7:53 Min., 2019.
Soham Gupta: Untitled; from the series: Angst. 2013–17.
Henry Taylor: Another Wrong. 2013.
Liu Wei: Devourment. 2019.
Handiwirman Saputra: Hari ini Kemarin Esok (Today Tomorrow’s Yesterday); from the series: No Roots, No Shoots. 2018.
Jesse Darling: Epistemologies (shamed cabinet). 2018.
Khyentse Norbu: Year 2118. 2018.
Shilpa Gupta: Untitled. 2019. (Für mich mit das beste Werk dieser Show, die Eisentür schwingt stetig hin und her und arbeitet sich immer weiter in die Wand hinein.)
Nabuqi: Do real things happen in moments of rationality? 2018. (Nabuqi habe ich hier und weiter unten nur der Vollständigkeit chinesischer Beteiligung halber aufgenommen.)
Hito Steyerl: Leonardo’s Submarine. Filmstill von 3-Kanal Videoinstallation, 9:30 Min., 2019. (Ein kleiner Einblick findet sich etwa hier.)
Yin Xiuzhen: Bookshelf No. 7. 2009–13.
Njideka Akunyili Crosby: Home: As You See Me. Detail, 2017.
Stan Douglas: Doppelgänger. 2019. Filmstill von 2-Kanal Videoinstallation, o. Zeitangabe, 2019.
Tavares Strachan: The Encyclopedia of Invisibility (white). 2018.
Pavillons
Belgien: Jos de Gruyter und Harald Thys: Mondo Cane.
Österreich: Renate Bertlmann: Discordo Ergo Sum.
Ebd.
(Text: „Waschtag / Wenn ein / Wiener / Wäschemädel / Weisze / Wäsche / Wäscht“)
Rumänien: Dan Mihălțianu: Canal Grande: The Capital Pool and the Associated Public.
Ebd.: Miklós Onucsán: The Restauration of the White Camouflage.
Ebd.: Belu Simion Făinaru: Belongs Nowhere and to Another Time.
USA: Martin Puryear: Liberty.
Ebd.: Bug Phrygian. 2010–14.
Ebd.: Hibernian Testosterone. 2018.
Venezuela: Ricardo Garcia.
Russland: Lc. 15: 11–32.
Ebd.
Deutschland: Natascha Süder Happelmann: Ankersentrum (surviving in the ruinous ruin).
Ebd. von hinten.
Frankreich: Erfrischung in der Hitze des Tages, sehr aufmerksam.
Tschechoslowakei: Stanislav Kolíbal: Former Uncertain Indicated. What Used to Be an Edge. 1968.
Ebd.: Two Positions of the Cube. 1983.
Uruguay: Yamandú Canosa: (v. l. n. r.) Fusiles. 2016.
Bandera No. 2013.
Ebd.: (v. l. n. r.) La Costa Negra. 2017.
Salta. 2017.
Pavillons in der Stadt
Belarus: Konstantin Selikhanov: Exit.
Mongolei: Jantsankhorol Erdenebayar: A Temporality.
Wales: Sean Edwards: Undo Things Done. Detail.
Iran: Reza Lavassani: Life.
Ebd.: Ali Meer Azimi.
Ebd.: Samira Alikhanzadeh: The Rigid Phantom of Memory.
Malaysia: Anurenda Jegadeva: Yesterday, in a Padded Room. 2015. (Gut war im Kontrast der Raum gegenüber, ein komplett dunkler Raum mit verschiedensten Schnipseln von Audiomaterial.)
Irak: Fatherland. Serwan Baran: The Last General. 2019.
Ebd.: Maryam Hoseini: Secrets Between Her and Her Shadow 1–6. 2019.
Ebd. dazwischen dann: Andrea Vaccaro (1600–1670): The Death of Dido.
Ebd.: Christina Soulou: Iris, Levre V, Setting Fire. 2019.
Ebd.: Imad Issa: (beide) Untitled. 1995.
Ebd.: Imad Issa: Untitled. 2013.
Ebd.: Taler Aghbashian: (v. l. n. r.) Verring Away South. 2019.
Ancient as the Hills. 2019.
Screaming of the Seagulls. 2019.
Montenegro: Vesko Gagović: odyssey.
Portugal: Leonor Antunes: a seam, a surface, a hinge, or a knot.
Bulgarien: Rada Boukova und Lazar Lyutakov: How We Live.
Ein gutes Drittel der Pavillons außerhalb Arsenale und Giardini habe ich nicht besucht, die „Collateral Events“ fast komplett geskippt. Dafür ging es auf Spurensuche:
Leonardo da Vinci
Dem Altmeister wird dieses Jahr sein 500. Todestag gewürdigt. Das Jubiläum begann für mich in Beijing, wo im CAFA Museum The Art Of Leonardo Opera Omnia 达·芬奇的艺术:不可能的相遇 präsentiert wurde, 16.4.–23.5.2019. 17 Gemälde existieren von da Vinci, die weltweit auf 11 Museen verstreut sind. Das CAFAM hatte es sich nun zur Aufgabe gemacht, diese zusammenzuführen – 1:1 Fotos aufgezogen auf von hinten beleuchteten Leinwänden.
Mona Lisa 蒙娜丽莎. Ca. 1503.
Saint John the Baptist 施洗者圣约翰. Ca. 1513–16.
Bacchus 酒神巴克斯. Ca. 1510–13.
Adoration of the Magi 博士来拜. 1481.
St Jerome in the Wilderness 荒野中的圣哲罗姆. Ca. 1480–82.
The Last Supper 最后的晚餐. Detail, ca. 1494–97.
Ebd., Detail.
In Hamburg begegnete ich der stolzen Sammlung der Kunsthalle von vier kleinen Skizzen: Leonardo da Vinci: Die Zeichnungen im Kupferstichkabinett, 5.–30.6.2019. Begleitet wurden die Schätze hinter wild piepsenden Lichtschranken links und rechts flankiert von Hommagen und Plakaten.
Kopf eines alten Mannes oder einer alten Frau im Profil. 1495–1505.
Aristoteles und Phyllis. Um 1475.
Hl. Sebastian. 1478–1483.
Studie zu einer Anbetung der Hirten. Um 1480.
In Venedig nun gab es gleich zwei Sonderausstellungen. In der ständigen Ausstellung im Leonardo da Vinci Museum war ich nicht, dafür in Leonardo and His Outstanding Circle 达·芬奇与他的艺术群体 in der Fondazione Ugo e Olga Levi, 31.5.–25.8.2019. Das Programmheft ist bereits auf Chinesisch, denn die Ausstellung wird ab 15.9.2019 zunächst nach Beijing, ins CAFAM, und dann nach Shanghai und Shenzhen touren. Leider durchweg ohne Jahresangaben, weil, so hieß es, man sich nicht sicher sei.
Testa di uomo.
Studi per la battaglia di Anghiari.
Leonardo e assistente (Marco d’Oggiono?): Maddalena discinta.
Dazu wurden verschiedene Serien gezeigt, u. a. in Anlehnung an da Vincis Johannes der Täufer eine Serie erhobener Zeigefinger:
Seguace di Leonardo (Francois Clouet?): San Giovanni Battista.
Giovanni Pietro Rizzoli detto il Giampietrino: Santa Caterina da Alessandria.
Mariotto Albertinelli (attr.): San Giovanni Battista.
In der Accademia lief Leonardo da Vinci: L’uomo modello del mondo, 17.4.–17.7.2019. Hier durfte leider nicht fotografiert werden, aber es gab etwa da Vincis Vitruvianischen Mensch, um 1490, zu sehen und um die 30, dreißig!, nicht zwei oder vier, weitere seiner Zeichnungen, an die man für deutsche Verhältnisse ungebührlich dicht herantreten durfte.
Außerdem kam da Vinci in Hito Steyerls Videoarbeit Leonardo’s Submarine, vor, s. o.
In der Accademia gab es dazu und vor allem das zu sehen, was Senior Honour zu stetigen schriftlichen Luftsprüngen angefacht hat, eine Überfülle in Anzahl und Größe und Wahnsinn von Tizianos und Tintorettos, von Bellinis und Carpaccios. Dazu lief neben da Vincis eine weitere Sonderausstellung von Hieronymus Bosch, dann gibt es das überbordende Ikonenkabinett. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt die Hälfte gesehen habe. Das Ganze wirkt nicht kuratiert, sondern an die Wände gestopft, die hohen Räume werden dadurch eng und scheinen auf einen zuzustreben. Selbst die Sonderausstellungen sind durch all das Material übervoll. Man möchte alles – begrenzten Ausmaßen der Stadt zum Trotz – auseinanderziehen, mehr atmen lassen. Länger als drei, vier Tage hält man es in Venedig kaum aus, wenn man nordeuropäisch minimal gewohnt ist oder Beijing, die sich bestimmt nicht für einen schmückt. In Venedig quellen einem die Augen über, nicht nur vor dem Markusdom. Meine inständige Hoffnung, allgemein, für die Accademia besonders, ruht in der Obacht der Feuerwehrmänner. Aber hinein:
Jacobello Alberegno (verstorben 1397): Polittico dell’Apocalisse.
Ebd.
Tiziano Vecellio: La presentazione della Vergine al Tempio con i confratelli della Scuola Grande della Carità. Ausschnitt, 1534–38.
Giampietro Silvio (da Giovanni Antonio de’Sacchis detto il Pordenone) e Domenico Tintoretto: Lo sposalizio della Vergine con i confratelli della Scuola Grande della Carità. Ausschnitt, 1538–43.
Jheronimus Bosch: Hermit Saints Troptych. O. J.
Giovanni Bellini: Martirio di San Marco. Detail, 1515–1526.
Vittore Carpaccio: Miracolo della reliquia della Croce al ponte Rialto. Detail, 1949.
Giovanni Mansueti: Miracolosa guarigione della figlia di Benvegnudo da San Polo. Detail, ca. 1502.
Gentile Bellini: Miracolo della reliquia della Croce al ponte di San Lorenzo. Detail, 1500.
Vittore Carpaccio: Arrivo degli ambasciatori inglesi presso il re di Bretagna. Detail, 1496– ca. 1498.
Jacopo Robusti detto Jacopo Tintoretto: Theft of the body of St. Mark. 1562–66.
Ebd., Detail.
Around
Ein bisschen Kitsch muss sein, Huldigung ist es:
Ponte di Rialto.
Ebd. wusste ich von Senior Honour, wohin zu sehen war.
Zum Abschluss meine kleine Sammlung von Groteskköpfen und ähnlichen Blicken. Irgendwann werde ich einen für meinen Schreibtisch finden, aus Stein, kindskopfgroß auf Sockel, bis dahin sollen sie hier herausblicken:
Dann begibt man sich wieder in eine Infrastruktur voller Autos, die man glatt vergessen, nie vermisst hatte.
Derweil Nachrichten aus Beijing besagen, dass die Polizei mit einer Hundertschaft ins Kunstviertel Huantie 环铁艺术区 eingerückt ist. Es heißt, am 7.7. habe es den Räumungsbescheid gegeben, am 8.7. die Umsetzung, ein weiteres Künstlerviertel musste verschwinden. Neben Videoaufnahmen der einrückenden Polizeiherde ist das beliebteste Foto aus den Weixin-Moments dieses (Stand: 8.7.2019):
Außerdem nun auch final: Pace Gallery Closes Beijing Branch 佩斯关闭798佩斯北京 (Stand: 9.7.2019).
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