Mittwoch, 4. November 2009
Shanghai: 3. Station der Lesereise "Provinzglück"

4.11.: Untergebracht in der Villa Moller in der französischen Konzession, ...


... sind wir heute eingetaucht in den Shanghaier Trubel - der, zumindest auf mich nach etlichen Wochen Groß-Großstadt-Abstinenz, doch erstaunlich wohltuend wirkt. Durch all die Alleen mit ihren hunderttausend aneinandergereihten Shopping-Möglichkeiten, vielen Bäumen und Einbahnstraßen, hat Matthias von Gehlen uns heute morgen aus der von ihm erwählten Villa in sein wunderbares Sprachlernzentrum abgeholt - in ein eigenes, vierstöckiges Gebäude mit Garten und ausladendem Balkon, mit einem zur unteren Hälfte in Goethe-Grün gestrichenem Treppenhaus, in dem die Wäsche der dort mit dem SLZ Tür an Tür wohnenden Anwohner hängt. Eine wahre Idylle.


In dem Tagungsraum fand nun heute die erste Veranstaltung in Shanghai vor einem kleinen, aber exquisitem Publikum statt. Dort lernten wir auch Lin Shen, die hiesige Gewinnerin des Vorlesewettbewerbes, kennen. Eine nette junge Frau, die die Liebe bald nach Zwickau ziehen wird. Große Lebensfragen standen hier auf dem Programm: Was, Herr Lindt, ist Glück für Sie?


Nach dem Mittagessen ging es dann über Highways, vorbei an Shanghais typischen Fassaden zur Fudan.


Vor begeisterten Studenten der Deutschabteilung der Fudan ging es hier um Unterschiede des Freiheitsempfindens der jetzigen Jugend und der Generation des Autors.


Im Anschluss zeigte uns Herr Professor Liu, Prodekan der Germanistikfakultät, seinen Campus - und: die hier im Volksmund genannte "umgedrehte Jeans", ein von der Regierung der Uni gestiftetes, mit seinen überdimensionalen Säulen, seiner gigantischen Größe, im neoklassizistisch-neumodischen Stilmix überrepräsentatives Bauwerk. Shanghai vom Feinsten.


Die Villa hat uns so gut gefallen, dass wir noch eine weitere Nacht hier verbringen und doch erst morgen gen Guangzhou aufbrechen. Auch hier sind wir gespannt darauf, was uns auf der nächsten Station erwarten wird.

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Die chinesischen Professoren
wie heissen die denn und was ist genau die Fudan Uni und was halten die von dem deutschen Roman?

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Professor Liu von der Fudan
Die Fudan-Universität in Shanghai (复旦大学) ist eine der ältesten Universitäten und gehört zu den führenden Universitäten der Volksrepublik China. Ihr institutioneller Vorgänger wurde im Jahr 1905 kurz vor dem Ende der Qing-Dynastie gegründet.

Die Fudan-Universität wurde als Fudan Public School im Jahr 1905 gegründet. Die beiden Schriftzeichen Fudan (復旦) wurden vom Jesuitenpater Ma Xiangbo (马相伯) aus den konfuzianischen Klassikern entnommen (《尚书大传•虞夏传》). Im Jahr 1917 wurde die Fudan Public School zur Privaten Universität Fudan ' (私立復旦大學) mit angeschlossener Mittelschule. Gleich zu Beginn des Sino-japanischen Kriegs im Jahr 1937 zog die Universität in die innerchinesische Stadt Chongqing um, wo sie 1941 in eine öffentliche Universität National Fudan University (國立復旦大學) umgewandelt wurde. Nach Ende des Weltkriegs kehrte die Fudan-Universität wieder nach Shanghai zurück. (Quelle: Wikipedia, Stand: 10.11.09, mehr Informationen gibt es auf der englisch-sprachigen Seite von Wiki; hier die Einleitungsseite der Germanistikfakultät.)

Professor Liu (刘炜副教授), Prodekan der Germanistikfakultät, ist an sehr speziellen Fragen interessiert. Beispielsweise möchte er gerne wissen, wie George die Sog- und Schubkräfte von Provinz und Großstadt einschätzt - welches also die Gründe sind, die einen aus der provinziellen Heimat forttreiben und was eine an der Großstadt anzieht.

Später, in privater Runde, werden die Fragen unter anderem physisch-methodischer Natur: Wie sehen etwa die Schreibgewohnheiten des Autors aus - schreibt er im Stehen oder im Sitzen?

Was aber hält Professor Liu nun vom Roman des Autors? Mir persönlich kam es so vor, als würde ihn die Thematik insbesondere in Bezug auf seine Studenten interessieren. Die heranwachsende Generation der 20-Jährigen steht unter einem enormen Druck, v. a. finanziell, sowohl in Deutschland, als auch in China - hier noch verstärkt und weiterhin mit einer noch höheren Erwartungshaltung von außen und sich selbst gegenüber. Insofern mag es für die Studenten von Professor Liu interessant sein, in George Lindt einen anderen und in Deutschland nicht ungewöhnlichen Lebensentwurf repräsentiert zu sehen.

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